Netzkunst als Sammlerobjekt
Cornelia Sollfrank im Gespräch mit Dr. Joachim Lemppenau, Vorstandsvorsitzender der Volksfürsorge
Versicherungen. Als Chef des Unternehmens ist er auch für die Kunstsammlung verantwortlich.
Er war als Jurymitglied an der Auswahl der Künstler beteiligt.
Hamburg, 01.11.03
C.S.: Sie haben für Ihre Sammlung einen meiner Netzkunstgeneratoren erworben. Durch den Kauf
eines Netzkunstwerkes gehören Sie zu den Pionieren unter den Sammlern. Was hat Sie dazu bewogen,
diesen Schritt zu wagen und auch Netzkunst in ihre Sammlung aufzunehmen?
Dr.L.: Der Netzkunstgenerator ist ein zeitgenössisches Kunstwerk, das mit einem der wichtigsten
Medien arbeitet, das wir derzeit besitzen -- dem Internet. Mit dem Ankauf unterstützt die
Sammlung Volksfürsorge aktuelle Tendenzen in der Kunst. Dabei geht es uns nicht vorrangig
um den Besitz an einem materiell greifbaren Werk; andere Sponsoren machen eine Skulptur
oder ein Bild im Museum für die Öffentlichkeit zugänglich. Wir empfinden es als zeitgemässer
und ausserdem für ein breiteres Publikum zugänglich, dies im Internet und mit Netzkkunst
zu tun.
C.S.: Eine der Grundproblematiken beim Verkauf von Netzkunstwerken ist die Handhabung der
Besitz- und Kopierrechte von Daten, die online sind. Was bedeutet es für Sie, Eigentümer
dieses Generators zu sein?
Dr.L.: Es ist vereinbart worden, dass der Netzkunstgenerator über ein leicht bedienbares
Web-Interface von allen Interessierten genutzt werden kann. Der Netzkunstgenerator ist
also eine Art öffentliches Werk in unserer Kunstsammlung. Wir lassen den "User" die
Kunst selbst gestalten. Jeder kann zum (Netz-) Künstler werden.
Darüber hinaus unterliegt der Code des Generators, also das Programm, einer Lizenz, der
sogenannten General Public License, GPL, die es ermöglicht, dass der Code selbst verändert
und weitergegeben werden darf.
C.S.: Wie gehen Sie mit den Anforderungen um, die durch die Wartung und Verwaltung des
Online-Projektes entstehen?
Dr.L.: Durch das Budget der Kunstsammlung ist die Wartung des Werkes durch eine Firma zunächst
für zwei Jahre gesichert. Nach zwei Jahren kann dann neu entschieden werden, wie es
weitergeht. (Die Kosten sind nicht sehr hoch.)
C.S.: Können Sie sich vorstellen weiter in diese Richtung zu expandieren, sprich noch
weitere Netzkunstwerke in Ihre Sammlung aufzunehmen?
Dr.L.: Die eingerichtete Sammlung soll zunächst einen exemplarischen Stand kurz nach der
Jahrtausendwende in verschiedenen Medien zeitgenössischer Kunst dokumentieren. Eine
weiterführende Planung ist noch nicht beschlossen, da es sich hier ja auch um eine Sammlung
handelt, die im Prinzip ausschließlich einen festen Präsentationsort - das neue Hotel
'Royal Meridien' - besitzt. Der Netzkunstgenerator nimmt den weitesten Außenkontakt auf
durch seine Präsenz im Internet.