Wie schlaue Netzkünstler Maschinen für sich arbeiten lassen
Netzkunst als Sammlerobjekt
Der Ankauf eines Netzkunstgenerators der Künstlerin Cornelia Sollfrank machte die Sammlung Volksfürsorge zu einem Pionier unter Kunstsammlern.
Im Jahr 2003 stellte die Sammlung Volksfürsorge eine der größten zeitgenössischen Kunstsammlungen außerhalb von Museen zusammen. Mit einem Budget
von 800.000 EUR wurden zeitgenössische Werke aus allen Sparten angekauft: von Malerei und Bildhauerei über Foto- und Videokunst bis hin zu Netzkunst.
Permanenter Ausstellungsort der Sammlung ist das neu eröffnete Luxus-Hotel "Le Royal Méridien Hamburg" an der Auéenalster. Die mit der Durchführung
des Projektes beauftragte Galerie Ruth Sachse machte den Vorschlag, nicht nur fertige Bilder von Cornelia Sollfrank, sondern auch das Computerprogramm,
das die Bilder herstellt, in die Sammlung aufzunehmen. In Zusammenarbeit mit Panos Galanis von der Firma IAP GmbH, Hamburg, entwickelte die Künstlerin
einen neuen Netzkunstgenerator, der ausschliesslich mit Bildern arbeitet.
Cornelia Sollfrank arbeitet seit 1999 daran, aus im World Wide Web vorhandenen Materialien neue Bilder, Texte und/oder Webseiten automatisch
zu collagieren. Bis heute gibt es fünf, auf diesem Konzept beruhende Programm-Versionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ausgabeformaten.
Allen gemeinsam ist die leichte Bedienbarkeit durch ein WWW-Interface. Grundlage der Programme sind Perl-Scripts, die nach der Eingabe eines
Werktitels sowie eines Künstlernamens durch den Benutzer die Abfrage definierter Suchmaschinen in Gang setzt. Das zu einem Suchbegriff gefundene
Material wird in 12-14 zufallsgesteuerten Schritten verarbeitet und neu kombiniert. Die automatisch generierten Bilder, Texte oder Websites werden
in einem Archiv, der 'net.art gallery', abgespeichert. Besonders bemerkenswert ist, dass der Programmcode des angekauften Generators nicht in den
Privatbesitz der Sammlung übergegangen ist, sondern der General Public License GPL unterliegt, die es ermöglicht, dass
der Source-Code weitergegeben und verändert werden darf.
Mit dem Netzkunstgenerator halten Prozesse der Rationalisierung durch Computersteuerung und Automatisierung auch Einzug in die künstlerische
Produktion. Künstlerische Arbeit, die im traditionellen Verständnis als authentisch, einzigartig, kreativ und innovativ gilt, kann ebenso von
einem Computerprogramm erledigt werden. Das wirft die klassischen Fragen nach Autorschaft, Originalität, Materialität, dem Künstlerbild und dem
Werkverständnis im Hinblick auf neue Medien auf.
"Und man gewöhnt sich erstaunlich schnell an die Vorstellung, dass auch Kunst-Produktion letztendlich nur aus Wiederholung, Diebstahl, Zitieren,
Kombinieren und dem Abarbeiten eines zugrunde liegenden ästehtischen Programmes bestehen kann."
Ute Vorkoeper in "Programmierte Verführung"
Und wem das alles zu kompliziert ist, der kann im 6.Stock des Hotels eine Serie von automatisch generierten und ästhetisch durchaus ansprechenden
Blumenbildern bewundern.
Le Royal Méridien Hamburg, An der Alster 52-56, 20099 Hamburg
Keep on Generating!
Kontakt: Julia Eble
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 040-2865-4603
FAX: 040-2865-5771
E-Mail: Julia.Eble at volksfuersorge.de