Wen greift die Bush-Regierung als nächstes
an?
Florian
Rötzer 05.08.2003
Die Future-Börse zur Vorhersage von
Terroranschlägen und Kriegen wurde zwar geschlossen, dafür haben nun
Bush-Kritiker das Projekt auf ihre Weise übernommen
Die von der Darpa, der Forschungsabteilung
des Pentagon, entwickelte Wettbörse zur Vorhersage von Konflikten
und Terroranschlägen war im politischen Kontext höchst zynisch,
weswegen sie auch nach Bekanntwerden der Einzelheiten schnell
abgeblasen wurde und der dafür verantwortliche Ex-Admiral,
Bush-Günstling und Skandalexperte Poindexter "freiwillig" seinen Hut
nimmt ( Das
Pentagon darf doch keine Wetten auf Terroranschläge
veranstalten). So abwegig, wenn auch
politisch unkorrekt, war allerdings diese Form der
Zukunftsforschung gar nicht, zumindest
scheint die Vorstellung so überzeugend gewesen zu sein, dass nun
Bush-Kritiker halb ironisch, halb ernst die Idee aufgegriffen
haben.
Im Rahmen des Poindexter-Projekts Terrorist Information
Awareness (TIA), einer möglichst umfassend angelegten Datenbank, die
mit neuen Data-Mining-Programmen auffälliges Verhalten entdecken
soll, wurde auch das FutureMAP-Programm (Future Markets Applied to
Prediction) entwickelt, das mit marktbasierten Methoden
Möglichkeiten der Vorhersage erlauben soll. Nur als erster Schritt
war die Börse "Policy Analysis Market" (PAM) gedacht, um hier auf
Vorhersagen von Terroranschlägen setzen und damit Geld machen (oder
verlieren) zu können. Bewerbungen wären weltweit entgegen genommen
worden. Die Darpa hätte die Börse - oder das Glücksspiel - zusammen
mit der Economist Intelligence Unit der Economist Group, die die
Zeitschrift The Economist herausgibt, und Net Exchange betrieben (
Future-Börse
für Terroranschläge).
Vermutlich dürfte nach dem schnellen Verschwinden der Börse
niemand sich besonders um das Copyright auf die grafisch sehr
bescheidene Gestaltung der Website kümmern. Die wurde nach dem Eklat
schnell vom Netz genommen, allerdings hatten vorausschauende
Internetbenutzer sie bereits vollständig kopiert. Für die
Bush-Kritiker war es also einfach, sich der Dateien zu bedienen und
nur ein wenig die Formulierungen der neuen Absicht anzupassen.
Heraus kam dabei AmericanActionMarket.org
(AAM).
Die Betreiber der Website verweisen auf die Future-Börse des
Pentagon zur Vorhersage von Terrorismus, Anschlägen und Krieg und
erklären, sie würden die hier entwickelte Technik verfeinern, um
sich den "zwei wichtigsten Fragen, mit denen die Welt heute
konfrontiert ist", zu widmen. Die Fragen sind, was die US-Regierung
als nächsten Schritt unternehmen wird und was das gegenwärtige
Verhalten der US-Regierung bestimmt. So sollen in Analogie zu den
Futures von PAM bei AAM Voraussagen darüber gemacht werden, welche
Lüge des Weißen Hauses als nächstes auftauchen wird, welches Land
als nächstes von der US-Regierung bedroht wird, welcher ausländische
Führungspersönlichkeit als nächste von der Gehaltsliste des CIA auf
die "Most Wanted"-Liste des Weißen Hauses rutschen wird oder welche
Lebenszeit Darpa-Projekte haben.
Zudem wollen die Betreiber andere Dinge der Bush-Politik vor und
nach dem 11.9. mit ihrem Börsen-Klon klären, also wie und wann
beispielsweise die Anschläge vom 11.9. als Grund für den Irak-Krieg
ausgegeben wurden oder ob die vom Irak in Betracht gezogene
Einführung des Euro mit ein Kriegsgrund gewesen sein könnte. Wetten
darauf seien deswegen angebracht, weil viele Informationen von der
US-Regierung geheim gehalten werden.
Angeblich sollen Teilnehmer sich ab 1. September für die
Future-Börse bewerben können, die dann wie PAM am ersten Oktober
starten soll. Ähnlich wie ein Spieler sich in einem Kasino Chips
kauft, so sollen die Spieler sich hier "Smart Dollars" kaufen, die
sie zum Wetten einsetzen. Sie sollen diese sich jederzeit in
wirkliche Dollar auszahlen lassen, 10 Prozent würden allerdings an
eine Stiftung gehen. Tad Hirsch, Student am Media Lab des MIT, der
hinter dem Projekt steht, macht sich mit diesem zwar auch lustig
über das Pentagon, erklärt aber: "Auch wenn es nur eine kleine
Chance gibt, dass sich damit vorhersagen lässt, was das Weiße Haus
machen wird, ist es die Arbeit wert."
Ein
Wired-Artikel hatte seltsamerweise die
Urheberschaft in Kreisen der Mailingliste Nettime
lokalisiert (s.a. den entsprechenden Artikel
bei Spiegel-Online). Bei Nettime war aber lediglich eine Bekanntgabe
des Projekts veröffentlicht worden. Nettime-Moderator Ted Byfield
mokierte
sich denn auch über die Wired-Meldung und erklärte, dass die Börse
"natürlich" nicht von Nettime organisiert worden sei. "Aber
democracy now! setzte sich schnell auf Spur und wollte mehr wissen.
40 Menschen setzten sich auf die Mailingliste - eine bislang
unerreichte Zahl für jeden beliebigen Tag, einmal ganz abgesehen von
einem Augusttag. So ist die Logik der Future-Märkte."
Tad Hirsch war allerdings schon früher von den
Pentagon-Future-Börsen angeregt - und darin natürlich keineswegs
alleine. So innovativ, wie Darpa sich mit der Future-Börse gerne
gezeigt hätte, war man auf jeden Fall nicht, denn schon seit langem
wird auf alles und jedes gewettet. Wetten auf Ereignisse im
Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Terrorismus und dem Irak-Krieg
fanden natürlich auch außerhalb des Pentagon statt. So wurde bei
Wettseiten wie TradeSports.com auf das Schicksal von Saddam Hussein
gesetzt.
Bei BETonSPORTS.com gibt es Wetten darauf, ob die USA bis Jahresende
Nordkorea angreifen oder wann Nordkorea einen Nachbarstaat mit einer
Atombombe beglückt.
Seit dem 30. Juli läuft übrigens auch eine Wette um das
berufliche Schicksal von Poindexter bei Trade
Sports. Es geht darum, ob er bis zum
31. August noch immer bei der Darpa angestellt sein wird. Gewettet
wird auch, ob und wann Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden
werden. Und die Wetten, wann Usama bin Ladin oder Saddam Hussein
gefangen oder getötet werden, laufen natürlich noch immer.
Im Februar stellt Tad Hirsch bereits MarchtoWar.com
online ("Blood for oil? You bet!"). Auch das war eine Future-Börse,
bei der man auf den Beginn des Irak-Kriegs Wetten mit einem Einsatz
von 5 Dollar abschließen konnte. Das Geld wurde über Paypal von der
Kreditkarte abgezogen. Bei der Auszahlung sollten 20 Prozent der
Einzahlungen in Form Benzingutscheinen - eine Erinnerung an Krieg
für Öl - an die Gewinner ausgezahlt werden, der Rest, so wurde
versprochen, sollte an Hilfsorganisationen gehen, die im Irak
arbeiten.
These organizations
will be identified as the needs become apparent - it's hard to
predict exactly what will happen, but if the last Gulf War is
any indication, the impact will be great. In addition to the
countless civilians directly killed or maimed by the US-led
bombing campaign, we can expect thousands more to be affected
by releases of toxic chemicals and biological agents (a
side-effect of bombing chemical and biological facilities),
food shortages resulting from attacks on food and agricultural
facilities, and power outages and transportation interruptions
from attacks on vital infrastructure. Of these, infants will
be particularly at-risk. It seems only fitting that U.S.
citizens help to defray the costs of rebuilding Iraq and
assisting its beleaguered civilian population - after all, our
tax dollars bought the bullets, we might as well pay to clean
up the mess. |
|
Mitspielen konnten allerdings nur Menschen, die in Massachusetts
leben. Minderjährige und Mitarbeiter des Militärs und der NSA waren
ausgeschlossen. Natürlich ist die Börse längst geschlossen, nachdem
der Krieg am 20. März um 5:31 am begonnen hatte. Hirsch ließ die
Website allerdings aus "historischen Gründen" online.