Gatt.org bleibt vorerst im Netz
Armin
Medosch 20.11.2001
Doch kein Krieg um die Anti-WTO-Website
In einem Verwirrspiel, das scheinbar viele
Teilnehmer aber nur wenige echte "Player" hat, und in dem es um die
angedrohte Schließung der Parodie-Site Gatt.org ging, ist vorerst
Waffenruhe eingekehrt. (vgl. Die WTO
schließt eine kritische Website, Hunderte neue
entstehen)
Die World Trade Organisation (WTO) hatte in
Anwendung des Digital Millennium Copyright Act dem Provider Verio
mitgeteilt, dass einer von dessen Kunden durch die Verwendung von
Logos und Fotos ihr Copyright verletzt. Verio stellte daraufhin dem
vermutlichen Betreiber der Parodie-Site gatt.org ein Ultimatum. Doch gerade, als
dieses im Begriff war zu verstreichen, wurde Verio darauf
hingewiesen, dass die Website gar nicht von ihnen gehostet wird und
zog das Ultimatum zurück.
Aufmerksam auf die veränderten Umstände machte Verio der Sysadmin
Walter Palmetshofer von Thing.net, wo Gatt.org auf eigenem
Server im Co-hosting untergebracht ist. Er findet, dass Verio sich
unter den Umständen völlig korrekt verhalten hat. Als kommerzieller
Provider muss Verio eben nach den Regeln des DMCA spielen. Einen
Vorwurf könnte man unter Umständen RTMark machen, die zunächst sehr lange
brauchten, um überhaupt zu reagieren, dann recht viel Wirbel
schlugen, um danach, als die Bedrohung bereits vorbei war, darauf zu
vergessen, auf die neue Faktenlage aufmerksam zu machen.
Doch von Seiten RTMarks hieß es gegenüber Telepolis, das läge vor
allem an einem Mangel an Ressourcen. Die neue
Sachverhaltsdarstellung sei bereits geschrieben, aber man habe noch
keine Zeit gefunden, sie in Umlauf zu bringen. Was auch verständlich
ist, wenn man bedenkt, dass es sich um eine kleine, über mehrere
Kontinente verstreute Gruppe handelt.
RTMark war inzwischen sogar schon rechtliche Unterstützung
angeboten worden. Noch am Sonntag sorgte ein Posting auf Slashdot
für weiteren Zuspruch. Doch eine Wiederauflage des Toywar ist
vorerst abgeblasen. Auch seitens der WTO handelte es sich wohl vor
allem um die Handlung unterbeschäftigter Mitarbeiter in der
Rechtsabteilung. Stein des Anstoßes für diese scheint vor allem die
Verwendung des Logos und eines Fotos von Mike Moore gewesen zu sein.
Inwieweit das Recht auf freie Meinungsäußerung und der doch klar
erkennbare Umstand, dass es sich um eine Parodie handelt, sich
zugunsten RTMarks ausgewirkt hätte, wäre wohl nur vor Gericht zu
klären. Die WTO muss nun entscheiden, ob sie in eine neue Runde
gehen will.