Lycos Lycos-Suche & Katalog | Mail | Mobile | Services | Communities | Channels | Shopping

myNZNZ-AgentNewsletterNZ-Mobil E-Mail an die Redaktion Voice of Germany

Zur Titelseite
VOICE of GERMANY




 Titelseite

 Deutschland

 Ausland

 Wirtschaft

 Sport

 Entertainment

 Medien

 Wissenschaft

 Gen & Mensch

 Internet


 Bilderschau
 Cartoon
 Wetter
 Spezial


 Über uns
   - Mitarbeiter
   - Kontakt
   - Impressum
   - Redaktioneller
      Kodex
   - Mediadaten
 Leserbriefe
 Leser Top 10
 Archiv
 Die letzten 24h
 Suche

Die revolutionären Pläne der WTO
27. Feb 2002 08:40

August 2001 in Finnland: Kein Widerspruch gegen den WTO-Abgesandten mit den skurrilen Ideen
August 2001 in Finnland: Kein Widerspruch gegen den WTO-Abgesandten mit den skurrilen Ideen
Foto: theyesmen.org
Eine professionelle Website genügt, schon geht man glaubhaft als Welthandelsorganisation durch. Die Schwindeleien der «Yes Men» zeigen, wie leicht Medien und Institutionen sich von der Aura der Macht täuschen lassen.

Von Volker Hummel

Italiener schlafen einfach zu viel. Während in anderen Ländern tagsüber gearbeitet und nachts geruht wird, machen die Italiener rund um die Uhr kleine Nickerchen. Dr. Andreas Bichlbauer zufolge ist das nur eine von vielen lokalen Sitten, die den Welthandel empfindlich behindern. Und dann ist da noch die Sache mit dem amerikanischen Wahlsystem. Da allgemein bekannt ist, dass die Wahlkämpfe der beiden großen Parteien von Unternehmen finanziert werden, könne man doch gleich eine direktere Form des Stimmenkaufs organisieren, etwa durch eine Internetfirma, die Stimmen ganz ohne Umwege an das meistbietende Unternehmen versteigert.

Mehr im Internet
  • Dokumente des Schwindels:  Website der Yes Men
  • Das geht dann doch ein bisschen zu weit, finden Sie? Dann geht es Ihnen vielleicht wie den Teilnehmern der Konferenz des Center for International Legal Studies am 27. Oktober 2000 in Salzburg. Als offizieller Vertreter der Welthandelsorganisation WTO stellte Bichlbauer dort seine revolutionären Projekte vor, projizierte Bananen, schlafende Italiener und Stimmkauf-Schemata an die Wand, und alle hörten höflich zu. Nicht nur einige italienische Teilnehmer äußerten später ihre Verärgerung über Bichlbauers Thesen, während seiner Präsentation aber erntete er keine offene Empörung: Man stellt keine Fragen, wenn die WTO spricht.

    Die Macht des Virtuellen

    Wie weit muss man als «Welthandelsorganisation» gehen, um eine Reaktion zu bekommen? Das ist eine der zentralen Fragen, die hinter den Aktionen der «Yes Men» steckt, zu denen auch «Dr. Andreas Bichlbauer» gehört. Das internationale Netzwerk aus Aktivisten und Schauspielern will mit einem euphorischen «Ja!» zur Globalisierung die anonyme Welt des Welthandels erschüttern. Während einer Diskussionsrunde, die im Rahmen des Medienkunstfestivals Transmediale im Februar in Berlin stattfand, erklärte ein Vertreter der Yes Men, dass man durch Übertreibung die Logik der Globalisierung auf die Spitze treiben wolle, um ihren hässlichen Kern sichtbar zu machen.

    Im Gepäck hatte «Bichlbauer» ein Video, das zeigt, wie einfach es ist, als WTO-Vertreter auf eine Konferenz eingeladen zu werden. Anlass für seinen Salzburger Auftritt war die Website www.gatt.org, eine glaubwürdige Simulation der eigentlichen WTO-Site. Unbedarfte Konferenzorganisatoren, die über Suchmaschinen auf diese Site gelangen, sehen sich dem Konterfei von «WTO General Director» Mike Moore gegenüber. Oberflächliche Lektüre und eine E-Mail genügen, und schon ist man in den Fängen der Yes Men. Diese beantworteten prompt die Anfrage aus Salzburg, wiesen darauf hin, dass Mike Moore gerade nicht abkömmlich sei und schickten stattdessen den in Wien ansässigen WTO-Vertreter Bichlbauer.

    Die WTO, ein goldener Phallus

    Eine solche Form der Unterwanderung macht zweierlei deutlich. Zum einen offenbart sie, welch enorme symbolische Macht Organisationen wie die WTO haben. Das Stillschweigen der Konferenzteilnehmer auch im Angesicht provokantester Übertreibungen zeigt, dass bei gewissen Institutionen die Kritikfähigkeit anscheinend versagt. Zum anderen legen die Aktionen der Yes Men aber auch die Fragilität eines Machtsystems bloß, das sich gerne hinter verschlossenen Türen und Expertenwissen verschanzt. Alles, was man braucht, ist anscheinend eine gut gebaute Website, wie sie etwa «Reamweaver» (www.reamweaver.com) herstellt, und ein gewisses schauspielerisches Talent.

    Illustration einer revolutionären Idee
    Illustration einer revolutionären Idee
    Foto: theyesmen.org
    Wie weit man damit kommen kann, zeigte sich auch auf dem Seminar «Fasern und Textilien der Zukunft», das am 23. August 2001 im finnischen Tampere stattfand. Unter dem Namen «Hank Hardy Unruh» lieferte der Yes-Men-Aktivist diesmal sein Glanzstück ab. Inmitten seiner Eröffnungsrede ließ er sich seinen Anzug vom Leib reißen, um plötzlich in einem goldenen Ganzkörper-Spandex-Gewand vor den Delegierten zu stehen, aus dem ein riesiger, mit Monitor versehener Phallus ragte. Unruh zufolge war eben dies «die Antwort der WTO auf zwei zentrale Managementprobleme der Gegenwart: wie man mit Angestellten über weite Distanzen in Kontakt und durch ein erforderliches Maß an Freizeit geistig gesund bleibt». Die Reaktionen der 150 Seminarteilnehmer: Beifall, Interesse und das eine oder andere Kopfschütteln.

    Die unwiderstehliche Aura der Macht

    In der Zeitung «Aamulehti», eine der größten Finnlands, erschien am nächsten Tag sogar ein riesiges Foto vom goldenen Unruh und ein paar nüchterne Bemerkungen zu den «revolutionären Plänen der WTO». Auch Journalisten sind für den goldenen Glanz des internationalen Welthandels empfänglich. Oder für die Aura hoher Regierungsbeamter, wie der Auftritt von «Randall M. Packer, US-Minister für Kunst und Technologie» als Eröffnungsredner der Transmediale bewies. Statt genau hinzuhören und ein wenig zu recherchieren, fielen Medien prompt auf den neuesten Fake der Yes Men herein. «Spiegel Online» etwa zitierte aus der Rede des falschen Ministers, als sei er echt, setzte seinen Titel aber in Verunsicherung verratende Anführungsstriche.

    Verunsicherung befällt am Ende auch den informierten Beobachter: Ist es wirklich glaubwürdig, dass intelligente Menschen Vorstellungen wie denen «Hank Hardy Unruhs» Glauben schenken? Haben diese Provokationen wirklich stattgefunden oder sind sie nur geschickt lancierte Erfindungen der Yes Men? Es ist wohl gerade diese Skepsis beim Leser, die die Yes Men als Erfolg verbuchen würden. Man soll eben nicht alles glauben, was «die da oben» einem erzählen. Aber schade wär’s schon, wenn letzten August in Tampere kein goldener Phallus sein stolzes Haupt erhoben hätte.


    « Mehr Artikel aus Voice of Germany


    Empfehlen Sie diesen Artikel einem Bekannten
    Empfänger
    (Email)  
    Name  
    Absender
    (Email)  
    Name  
    Nachricht  


    Artikel drucken 

    Artikel versenden
    Nahost-
    Konflikt
    Autorin
    warnt vor
    Irak-Schlag
    Schlag
    gegen Irak
    absehbar
    Einigkeit
    in den USA
    Uri Avnery
    Interview:
    Israels
    Besatzung
    muss enden
    Der Phallus
    der WTO
    Schwindler
    stellen die
    WTO bloß
    «Nigger»
    Amerika
    diskutiert
    über das
    N-Wort
    VOICE of GERMANY
    Die Typen der SPD
    (29. Mär 08:58)
    Touristensex statt Sextourismus
    (28. Mär 08:37)
    Die Wahrnehmungsmanager
    (27. Mär 09:03)
    Neue Ordnung ohne Grenzen
    (26. Mär 00:00)
    Alte Systeme, neue Herrscher
    (25. Mär 10:41)
    Die Ausrufung der Verfassungskrise
    (22. Mär 17:02)
    König Burger
    (22. Mär 09:01)
    Wirtschaftspolitik als Trauerspiel
    (21. Mär 19:00)
    Der Messias aus dem All
    (21. Mär 08:49)
    Der Charme des Illegalen
    (20. Mär 09:00)
    Als Weißer durchgehen
    (19. Mär 08:05)
    Die Freiheit zu handeln
    (18. Mär 08:56)
    Sexy wie Nordkorea: Die EU und die Medien
    (16. Mär 07:24)
    Der Niedergang des Islamismus
    (15. Mär 08:53)
    Im Reich des Bösen
    (14. Mär 08:41)
    Wohin geht Bertelsmann?
    (13. Mär 20:46)
    Die eigene Welt im Auge behalten
    (13. Mär 08:32)
    Die Bombe kehrt zurück
    (12. Mär 15:31)
    «1938 war ein besonderes Jahr»
    (12. Mär 08:48)
    Die «9/11»-Illusion
    (11. Mär 10:55)

     
    zum Seitenanfang


    Titelseite | Deutschland | Ausland | Wirtschaft | Sport | Entertainment | Medien | Wissenschaft | Gen & Mensch | Internet
    Voice of Germany | Spezial | Bilderschau | Die letzten 24h | Desktop-Schlagzeilen
    Leserbriefe | Leser Top 10 | Über uns
     

    Chefredakteur: Dr. Michael Maier  |  Impressum  |  Mitarbeiter  |  Kontakt
     
    NZ Netzeitung GmbH · Albrechtstr. 10 · 10117 Berlin · Tel.: 030 240 888-0 · Fax: 030 240 888 801
    Alle Rechte © 2002 NZ Netzeitung GmbH
     
    [ai:ti]-Quotes&Charts: IT Future AG
    Quellen der Börsendaten: IT Future AG, Standard&Poor's Comstock Inc. und weitere.