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BOL ERICSSON
 23.12.99 

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Boykott gegen E-Business-Giganten

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INTERNET / Der Namensstreit zwischen dem Online-Riesen Etoys und der Zürcher Künstlergruppe Etoy nimmt groteske Züge an.

mso. «Unterschätze niemals die Macht des Internets» - eine Lektion, die das weltgrösste Spielzeuggeschäft im Web, die US-Firma Etoys, in diesen Tagen auf die harte Tour lernen muss. Zehntausende von Internet-Aktivisten, Hackern und Althippies versuchen durch digitale Sit-ins (also die Homepage mittels ziellosem Herumsurfen blockieren), Hackerattacken und Protestschreiben die «kalifornischen Kapitalisten» in die Knie zu zwingen. Der «Toywar» - auf gut Deutsch Spielzeugkrieg - wurde durch einen Namensstreit zwischen dem sechs Milliarden Dollar schweren Spielzeugverkäufer Etoys und der in Zürich gegründeten Internet-Künstlergruppe Etoy entfacht.


David gegen Goliath

  Die Etoy-Internetkünstler sind dem Schweizer Fernsehpublikum spätestens seit der Erstürmung von Beni Thurnheers «Benissimo» Ende 1996 bestens bekannt. Damals drang ein kahlrasierter, in einen orangen Overall gekleideter Etoy-Aktivist ins Fernsehstudio und fragte den verblüfften Thurnheer nach dem Weg ins Internet. Auch ihre virtuellen Entführungen im Internet auf ihre Homepage (www.etoy.com) sorgten weltweit für Aufsehen. 1997 wurde ennet dem Atlantik ein Internet-Spielzeugversand unter dem Namen Etoys.com registriert. Im Laufe des E-Commerce-Booms wuchs der kalifornische Spielzeughändler zum weltweiten Marktführer. Angesichts «einer möglichen Verwechslungsgefahr und damit verbundenen Umsatzeinbussen» (Originalton Etoys) verlangten die Amerikaner eine Namensänderung der Künstler-Homepage.

Heikler Gerichtsentscheid

  Bei Domain-Streits wurde bisher nach dem Motto «Es het, solangs het» vorgegangen: Wer zuerst eine bestimmte Web-Adresse registriert hatte, war der rechtmässige Besitzer. Ausnahmen waren bereits rechtlich geschütze Marken- und Firmennamen. Doch Ende November verbot das Hohe Gericht von Los Angeles den seit 1995 registrierten Domainnamen «etoy.com». Seit dem herrscht Funkstille unter dieser Adresse. Doch der Richterspruch zugunsten von Etoys sollte sich bald als Pyrrhussieg erweisen. Unter der Anführung von John Perry Barlow, Ex-Mitglied der kalifornischen Kult-Musikgruppe Grateful Dead, haben Internet-Aktivisten zum letzten Gefecht gegen die komplette Kommerzialisierung des Internets aufgerufen. Was zu Beginn eine Bewegung von einigen verwegenen Internet-Desperados zu sein schien, hat sich mittlerweile zu einem wahren Entrüstungssturm gemausert. Die US-Medien berichten an prominenter Stelle, der PR-Schaden von Etoys scheint täglich grösser zu werden. Vielleicht ist das Internet weit mehr als eine Goldgrube für Geschäftstüchtige, sondern ein grossartiges Mobilisierungs- instrument für die nicht ganz so Starken auf dieser Welt.

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