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Eine Hacker-Organisation kämpft im Internet gegen Großkonzerne
Eine Hacker-Organisation kämpft im Internet gegen Großkonzerne

RTMark will nun auch in Deutschland Fuß fassen / Deutschsprachige Internet-Seite bereits in Planung

Von Catriona McLaughlin

Es soll sich genau so wiederholen wie damals in den 50er Jahren, als Orson Wells in einem Radiohörspiel Außerirdische auf der Erde landen ließ und dadurch die Hörer in Angst und Schrecken versetzten. Nur diesmal sollen die Radiosender wegen des Jahr-2000-Problems den Teufel an die Wand malen – und damit eine Panik auslösen. So zumindest sieht es das neuste Projekt der Sabotage-Organisation RTMark (registered Trade Mark) vor. Anlaufpunkt für Moderatoren und Radiomitarbeiter ist die Homepage (www.rtmark.com) der Organisation – denn der Widerstand vor RTMark wird über das Internet organisiert.

Die Philosophie von RTMark ist nur schwer auszumachen. Grundsätzlich ist alles gut, was großen Unternehmen schadet. Die 1991 gegründete Organisation hat es sich zum Ziel gemacht, Wirtschaftsunternehmen zu sabotieren, „intelligente“ Sabotageakte zu unterstützen und zu organisieren. Allerdings gibt es auch Regeln: Bei den Aktionen dürfe keiner körperlich verletzt oder den Unternehmen tiefgreifend geschadet werden.

Bereits seit Jahren erregt RTMark Aufmerksamkeit in den USA. Besonders aktiv ist die Organisation im Internet: „Falsche“ Webseiten, die den offiziellen Seiten zum Verwechseln ähnlich sind, ärgern Unternehmen und Politiker. Marktgiganten wie Microsoft müssen sich vorerst Seiten wie Microsoft.edu.com gefallen lassen, in denen die Marktpolitik der Firma kritisiert wird. Auch wer etwas über Jörg Haider und die FPÖ erfahren will, landet unter www.fpo.at auf der falschen Homepage (richtig: www.fpoe.at). Wörter wie „Öffentlichkeitsarbeit“ wurden in „Propaganda“ umgewandelt, außerdem führen Links zu Seiten nationalistischer und rechtsextremer Verbände. Auch umstrittene amerikanische Politiker bekamen eine leicht abgewandelte Webseite mit ähnlicher Adresse: so beispielsweise Rudy Giuliani, der amtierende Bürgermeister von New York, der jetzt im Wahlkampf gegen Hillary Clinton steht. Oder auch George Bush.

Der folgende Medienrummel dieser Sites entwickelte sich je nach Reaktion des Geschädigten. Ein Höhepunkt war erreicht, als Bush auf einer Pressekonferenz ausrief: „Es muss Einschränkungen für Freiheit geben“ - eine etwas unbedachte Aussage in einem sehr freiheitsorientierten Land, aber RTMark spricht er aus dem Herzen, das für Einschränkungen der Unternehmensfreiheit schlägt.

Aber auch außerhalb des Internets ist RTMark aktiv: 1993 machten die Kulturhacker durch die Unterstützung der „Barbie Liberation Organization“ Schlagzeilen. Eine Gruppe von Kriegsveteranen, welche die Verbreitung von Kriegsspielzeug alarmierend fand, gab den Auftrag, und RTMark fand die Helfer - per Internet: Die Spruchbänder von rund 300 Barbiepuppen und G.I.Joes (Soldatenpuppen) wurden ausgetauscht. Barbie gab plötzlich mit tiefer Stimme „Tote Männer lügen nicht“ von sich, während der G.I. gerne einkaufen gehen wollte. Ergebnis: Die öffentliche Diskussion über Kriegsspielzeug lebte wieder auf.

Zu Diskussionen kam es auch, als plötzlich ein Computer-Lernprogramm von Panasonic den Kindern Schimpfwörter beibrachte. „Software sollte den Kontakt zwischen Eltern und Kindern nicht ersetzen“, sagte der Programmierer - und bekam den Zuschlag für die von RTMark für das Projekt ausgeschriebenen 1000 US-Dollar.

Die Organisation versteht sich als Forum, das Teilnehmer der Projekte zusammenführt und unterstützt, meist Mitarbeiter der zu sabotierenden Unternehmen. Ähnlich wie an der Börse können Sponsoren, meist Büro-Angestellte, in verschiedene Unternehmungen „investieren“. Die „Dividende“ ist nicht Geld, sondern Presseberichteerstattung und Genugtuung. Die „Arbeiter“ führen die prämierte Aktion schließlich durch - und riskieren dabei sogar ihren Job.

Alle bekannten Aktionen von RTMark fanden bisher in den USA statt. Künftig will die Organisation aber auch in Europa wirken - wie die von der Organisation bekämpften Unternehmen. Eine Promotions-Tour von RTMark durch Europa fand nach eigenen Angaben „großen Anklang“, allerdings waren manche Leute „etwas verwirrt“. Inzwischen häuften sich aber Anfragen aus Deutschland. Eine deutsche Internet-Seite sei bereits in Planung. (cml)

RTMark im Internet:

http://www.rtmark.com


 


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LINKS INS WWW
  • http://www.rtmark.com

  • Channel:Webwelt
    Ressort:Netz-Gesellschaft
    Erscheinungsdatum:27. 10. 1999
    Tagesinhaltsübersicht 27. 10. 1999