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The Hiroshima Project - Research Database - Film - The Atomic Bomb in Japanese Film - chapter 4
by Barbara Geschwinde
1994
4 The film "Rhapsody in August" by
Kurosawa Akira after the novel "Nabe no naka"
by Murata Kiyoko
[index]
4.1 The author Murata Kiyoko
Murata Kiyoko wurde am 12. April 1945 in Kitakyûshû, in der Präfektur Fukuoka,
geboren. Im Jahr 1967 heiratet sie. Nachdem ihre vierjährige Tochter ertrunken ist,
gründet sie den "Bund zum Schutz der Kinder des gesamten Landes".(121) Ihr Interesse und
Engagement für soziale und zwischenmenschliche Probleme spiegelt sich in vielen ihrer
Romane wider, so nicht zuletzt auch in "Nabe no naka".
Im Jahr 1975 erhält Murata Kiyoko für ihren Roman "Suichû no koe" ("Die Stimme
im Wasser") den Kyûshû-Kunst-Festival-Preis. Dieses Ereignis bezeichnet sie als den Beginn
ihrer schriftstellerischen Karriere. 1985 wird ihre Autobiographie "Happyô"
(Bekanntmachung) veröffentlicht. Weitere selbständige Publikationen folgen und
werden von der Literaturzeitschrift Bungeikai als Fortsetzungsromane vorgeschlagen.
Später werden ihre Werke für den Akutagawa-Preis, den renommiertesten
Literaturpreis Japans, der zumeist an noch unbekannte Nachwuchsautoren verliehen wird,
nominiert.(122) Im Jahr 1987 erhält Murata den 97. Akutagawa-Preis für ihren Roman
"Nabe no naka" ("Im Topf"). In einem Interview sagt die Autorin, daß es nicht ihre Absicht
sei, die menschlichen Beziehungen zum Zentrum ihrer Romane zu machen, da die Liebe
nicht das bestimmende Element zwischen den Menschen sei. Vielmehr interessiere sie sich
für die Spuren, die der Mensch hinterlasse. Im Roman "Nabe no naka" seien diese
Spuren die Geschichten der Großmutter, die sich in der Art einer Vision und einer
harmonischen Einheit zusammenfügten.(123) Weitere von ihr bekannte literarische Werke
sind die Erzählungen "Zimmergenossin", "Weißer Berg" und "12 Toiletten". Murata
Kiyoko lebt heute als Schriftstellerin in Kitakyûshû.
4.2 The director Kurosawa Akira
[index]
"Die Menschen vermögen zwar nicht mit vollkommener Aufrichtigkeit
über sich zu sprechen; doch wenn sie sich in anderen Menschen
darstellen, fällt es ihnen viel schwerer, die Wahrheit zu umgehen.
Dann zeigen sie oft viel von dem, was sie in Wirklichkeit sind. Bei
mir, da bin ich ganz sicher, war das der Fall. Nichts sagt so viel
über einen schöpferischen Menschen aus wie sein Werk."(124)
Mit diesen Worten endet die Autobiographie "So etwas wie eine Autobiographie" von
Kurosawa Akira.
Da die Aufarbeitung sämtlicher Lebensdaten von Kurosawa ein eigenständiges
Werk bilden würden, sollen - neben biographischen Grunddaten - hier nur die
Ereignisse erwähnt werden, die unmittelbar für das Verständnis von
"Rhapsodie im August" relevant sind.
Am 23. März 1910 wird Kurosawa Akira, als jüngstes von sechs Kindern, im
Tôkyôter Stadtteil Ômori geboren. Seine Mutter entstammt einer
Kaufmannsfamilie aus Ôsaka. Sein Vater kommt aus dem nördlich von
Tôkyô liegenden Akita. Er ist Sportlehrer bei der Armee und unterrichtet die
Fächer Jûdô und Kendô. Bei der Geburt seines jüngsten Sohnes ist er
Leiter einer privaten Mittelschule.
Großen Einfluß übt der vier Jahre ältere Bruder Heigo auf Akira aus. Mit
ihm macht er einen Streifzug durch das 1923 vom Erdbeben zerstörte Tôkyô.
An den Anblick des riesigen, vom anschließenden Feuer zerstörten Stadtgebiets, in
dem zahllose verkohlte Körper herumliegen, erinnert sich Kurosawa in seiner
Autobiographie als "eine Expedition, auf der es galt, die Angst zu besiegen".(125) Den
Kommentar seines älteren Bruders beim Anblick des Grauens prägt er sich für
immer ein:
"Wenn du deine Augen vor einem schrecklichen Anblick verschließt,
dann wird dich dieser Anblick am Ende stets ängstigen. Wenn du
aber alles geradeheraus anschaust, gibt es gar nichts, wovor du
Angst haben müßtest."(126)
Im Jahr 1928 nimmt Kurosawa, der ein leidenschaftlicher Bewunderer vor allem von Van
Gogh, Cézanne und Utrillo ist, das Studium an der Doshuka-Schule für westliche
Malerei auf. Etwa zur gleichen Zeit beginnt er, sich mit Literatur und Musik sowie
verstärkt mit dem Film zu beschäftigen. 1935 nimmt sich sein älterer Bruder
Heigo das Leben, was für ihn zu einer traumatischen Erinnerung wird.(127) Im selben Jahr
bewirbt sich Kurosawa als Regieassistent bei den Photo Chemical Laboratories, P.C.L., die
ihn im Team des Regisseurs Yamamoto Kajirô ausbilden. 1943 debütiert er als
Regisseur mit dem Film "Sugata Sanshirô" (Sanshirô Sugata), der das Leben des
gleichnamigen mythischen Jûdô-Champions beschreibt. Dieser Film wird beim Publikum
und bei der Kritik ein großer Erfolg.
Seit seinem Erstlingswerk bis heute hat der jetzt 84jährige Kurosawa insgesamt 30
Spielfilme gedreht.
Die Auszeichnung seines Films "Rashômon" mit dem "Goldenen Löwen" auf den
Filmfestspielen in Venedig und dem Oscar in den USA im Jahr 1951, führt zu seinem
internationalen Durchbruch als Regisseur. Damit wurde auch erstmals das internationale
Interesse auf den japanischen Film gelenkt. Aus europäischer Sicht ist Kurosawa der
japanische Regisseur. Seine filmhistorisch wichtigsten Werke sind - neben dem bereits
genannten "Rashômon" - "Shichinin no samurai" (Die sieben Samurai; 1954),
"Kumonosu-jô" (Das Schloß im Spinnwebwald; 1957), "Tengoku to jigoku"
(Zwischen Himmel und Hölle; 1963), "Akahige" (Rotbart; 1965), "Kagemusha"
(Kagemusha - Der Schatten des Kriegers; 1980) und "Ran" (Ran; 1986).
1960 gründet er seine eigene Produktionsgesellschaft, die seitdem acht der zwölf
entstandenen Filme produziert beziehungsweise coproduziert hat, darunter "Rhapsodie im
August".
4.3 Themes and adaptations of Kurosawa
[index]
"Kurosawas Werk läßt insgesamt drei Themenkreise erkennen:
Gendai-geki mit zeitgenössischen Themen; Jidai-geki mit Stoffen aus
dem Japan der Edo-Zeit (1603-1867); Meiji-mono mit Themen aus
der Meiji-Periode (1868-1912), in der die Öffnung Japans zum Westen
hin erfolgte."(128)
Der Film "Rashomon" - ein Jidai-geki - wird zu den Filmen gezählt, die wie andere
wichtige Filme der 50er Jahre, wie beispielsweise "Ikimono no kiroku" (Ein Leben in Furcht)(129),
ihre existentialistische Prägung aus der Erfahrung mit der Atombombenkatastrophe
gezogen haben.(130) Die Botschaft des Films ist eher eine persönliche und sehr
humanistische, die besagt, daß die Menschen unfähig sind, aufrichtig zu sich selbst
zu sein.
James Goodwin zählt ein weiteres Jidai-geki, den Film "Kumonosu-jô" (Das
Schloß im Spinnwebwald) aus dem Jahr 1957 zu den Filmen, die im Kontext des
zerstörten Japan zu verstehen sind. Die Handlung spielt in einer Zeit nach der
Vernichtung eines Zentrums des japanischen Lebens und der politischen Macht. Die leeren
Ebenen und die dichten Nebel des Prologs und Epilogs deuten einen historischen Nullpunkt
in Japans feudaler Vergangenheit an.(131) Da die Handlungen dieser beiden Jidai-geki jedoch
in keinen direkten kausalen Bezug zur Atombombe gestellt werden, sind sie nicht zu den
Atombombenfilmen zu zählen. Vielmehr reagieren sie auf eine nationale Befindlichkeit.(132)
4.3.1 The film "Ikimono no kiroku" (A life in fear)
Bereits vor "Rhapsodie im August" wandte sich Kurosawa in seinem Filmschaffen mehrfach
dem Thema Atombombe zu. Der Film "Ikimono no kiroku' befaßt sich direkt mit der
Atombombe und deren Auswirkungen auf das alltägliche Leben des Menschen. Der Film
erzählt die Geschichte des alten Industriellen Nakajima, der nach den Presseberichten
über den Atomtest auf dem Bikini-Atoll davon überzeugt ist, daß ein nuklearer
Krieg unmittelbar bevorsteht. Als erstes denkt er darüber nach, im Norden Japans, einem
Teil, der den zerstörerischen Strahlungen am wenigsten ausgesetzt sein würde,
einen Atomschutzbunker zu bauen. Keineswegs zufrieden mit dieser Lösung
beschließt er, in die schützenden Wälder Brasiliens auszuwandern. Um seine
Familie dazu zu zwingen, ihm zu folgen, plant er sein Haus und seine Fabrik zu verkaufen.
Seine erwachsenen Kinder teilen keineswegs die väterlichen Ängste. Die
Angelegenheit soll schließlich gerichtlich entschieden werden. Obwohl die Richter
Nakajima versichern, daß die nationale Sicherheit Sache des Premierministers sei,
bleibt er unnachgiebig. Nur der Zahnarzt Dr. Harada, ehrenamtlicher Mitarbeiter des
Familiengerichts in Tôkyô, geht auf die Argumente und den Konflikt des alten
Mannes ein. Hat möglicherweise dieser so normal wirkende Mann recht damit, daß
er sich von der Atomkraft derartig bedroht fühlt? Der Prozeß endet mit der
Verurteilung Nakajimas: Er wird entmündigt. Seiner öffentlichen Rechte entraubt,
gibt der alte Mann aber dennoch nicht auf. Bei einer Familienversammlung bittet er auf Knien
um die gemeinsame Auswanderung, aber nur seine Frau und seine jüngste Tochter sind
bereit, ihm zu folgen. Daraufhin erleidet er einen Nervenzusammenbruch, der ihn ans Bett
fesselt. Er belauscht ein Gespräch seiner Kinder, die über die Aufteilung der
Erbschaft diskutieren. Diese Gleichgültigkeit und Blindheit veranlassen Nakajima dazu,
in seiner eigenen Fabrik Feuer zu legen. Er hofft jedoch noch immer, mit der Zerstörung
des materiellen Ballasts, seine Familie zur Auswanderung bewegen zu können. Aber
stattdessen zieht er sich auch noch den Zorn seiner Arbeiter zu, die ihm den Verlust ihrer
Arbeitsplätze vorwerfen. Er wird in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert, in der er
schließlich seinen inneren Frieden findet: Er glaubt, daß er sich nun auf einem
anderen Planeten und somit in Sicherheit befindet. Dr. Harada besucht ihn dort. Als Nakajima
die untergehende Sonne erblickt, hält er sie für die Erde, die im atomaren Feuer
verglüht.
Die wörtliche Übersetzung von "Ikimono no kiroku" ist "Bericht über ein
lebendes Wesen", was den Zeugnischarakter deutlicher ausdrückt als der Titel "Ein
Leben in Furcht", unter dem der Film im deutschsprachigen Raum vertrieben wurde. Dieser
Film entstand im Jahr 1955, in dem in Hiroshima die erste Anti-Atom- und
Wasserstoffbomben-Konferenz stattfand. Diese Konferenz und die bereits erwähnte
Explosion einer Wasserstoffbombe im Jahr 1954, inspirierten Kurosawa dazu, einen Film
über die Auswirkungen der atomaren Bedrohung zu drehen.(133) Der Film "Ikimono no
kiroku" aus dem Jahr 1955 ist somit ein Ergebnis der persönlichen Angst vor der
Bedrohung durch nukleare Waffen, die Kurosawa und sein Freund Hayasaka Fumio, der
für Kurosawas Filme von 1948 bis zu seinem Tod im Jahr 1955 die Musik schrieb,
teilten.(134) Dieser Film ist ihr Zeugnis, das sie als gesellschaftspolitisch engagierte Künstler
für die Zukunft und das Wohlergehen der Welt abgeben.(135) Hayasaka Fumio stirbt noch
während der Dreharbeiten; sein Schüler Satô Masaru vollendet die
Filmmusik.(136)
Nach Kurosawas Auffassung ist "Ikimono no kiroku" über seine gesellschaftliche
Botschaft hinaus nicht gerade der filmische Höhepunkt seines künslerischen
Schaffens.(137)
Jedoch wurde "Ikimono no kiroku" - trotz der vorhandenen Bereitschaft der Öffentlichkeit,
sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen - nicht sehr gut vom Publikum angenommen.
Der Film war jedoch nicht nur ein kommerzieller Mißerfolg, sondern wurde auch in der
Kritik negativ bewertet. Der Filmtheoretiker und Filmkritiker Satô Tadao sagte, er selbst
habe den Film ursprünglich für einen Mißerfolg gehalten. Erst viel später
erkannte er, daß dieser "kostbare Film mit seinem ehrlichen Geist" einen nachhaltigen
Eindruck bei ihm hinterlassen habe.(138) Eine mögliche Erklärung für den
Mißerfolg des Films bei seiner Erstaufführung ist, daß die Zeit für eine
intensive filmische Auseinandersetzung mit der atomaren Bedrohung noch nicht reif war.(139)
4.3.2 The Pair Theory
Das Phänomen des Wiederaufgreifens und Neubearbeitens eines Themas ist im Film
keine Seltenheit. Zum Teil entstehen Neuverfilmungen aus kommerziellen Gründen,
beispielsweise um einem Schwarzweiß-Film durch das Hinzufügen von Farbe eine
neue Dimension zu geben. Häufiger jedoch kommt es vor, daß ein Regisseur einem
Thema, das er bereits einmal bearbeitet hat, noch mehr Bedeutung geben möchte.(140) Die
Tiefe der Bedeutung einer Neufassung kann sehr unterschiedlich sein.
David Desser, der an der Universität von Illinois das Fach "Film" unterrichtet, vertritt die
These, daß Kurosawa mehrfach Filme als Paare dreht, wobei der spätere Film
immer die Neuverfilmung eines bereits vorher bearbeiteten Themas ist.(141) Das heißt,
daß ein Regisseur eine bestimmte Spannweite von Themen hat, die in verschiedenen
Stoffen oder Zusammenhängen wieder auftauchen. Unter dieser Prämisse
läßt sich nun auch "Rhapsodie im August" untersuchen. Läßt sich dieser
Film von 1991 als eine Neuauflage von "Ikimono no kiroku", der 34 Jahre früher
entstanden ist, interpretieren?
Kurosawa selbst hat über "Rhapsodie im August" gesagt, er habe beim Drehen das
eindeutige Anliegen gehabt, die Atombombe zu verurteilen. "Es steht außer Frage,
daß mich die Bombe auch heute noch mehr denn je schreckt." Es sei nicht seine
Intention gewesen, eine direkte moralische Botschaft zu formulieren. Ihm habe vielmehr eine
schlichte Familiengeschichte vorgeschwebt, in deren Zentrum eine alte Frau mit ihren
Erinnerungen steht. In dem kurzen Roman von Murata Kiyoko spielt die Bombe keine Rolle.
Erst bei der Erarbeitung des Drehbuchs habe sich dieses Thema wie ein unterirdisches Motiv
immer mehr aufgedrängt. Manchmal sogar gegen seinen Willen. Und genau darum
gehe es, um das Verdrängen-Wollen. Kurosawa schreibt:
"Ich glaube, wenn ich von Anfang an einen Film über die Atombombe
beabsichtigt hätte, so wäre er viel schwächer ausgefallen. Ein
einfaches Beispiel: Bei einer bewußt ausgeführten Bewegung auf der
Leinwand teilt sich in erster Linie meist die Bewußtheit mit und
nachgeordnet erst die Bewegung, die doch das ist, worum es geht.
Ich glaube, wie der von mir bewunderte Jean Renoir, daß man mit
allzuviel Intentionalität nicht allzuweit kommt in der Kunst. Wie auch
immer: "Rhapsodie im August" ist keine Fortführung von ein "Leben
in Furcht"."(142)
Desser vertritt die Auffassung, daß Kurosawas Neuverfilmungen klare Überarbeitungen -
auch ästhetischer Probleme - seiner früheren Werke beinhalten.
"Kurosawa war unzufrieden mit einem wichtigen Aspekt eines früheren
Films und wollte es noch einmal versuchen, unter neuen, verbesserten
Bedingungen. Vielleicht fühlte er sich zu einem späteren Zeitpunkt
besser darauf vorbereitet, ein bestimmtes Thema zu bearbeiten, das
er schon früher einmal aufgegriffen hatte - ein Überdenken, eine
neue begriffliche Erfassung eines bestimmten Problems. Die
wesentlichen Neufassungen von Kurosawa sind in thematischen und
stilistischen Domänen zu finden. Kurosawa stellt sich von jedem
Film vor, daß er bestimmte Themen aufgreift, und der Film sich
dann selbst durch diese Angelegenheiten durcharbeitet." (143)
In Kapitel 4.3.1 wurde bereits die Tatsache herausgearbeitet, daß Kurosawa aufgrund
seines gesellschaftspolitischen Engagements, das sich in den verschiedenen Themen seiner
Filme widerspiegelt, ein persönliches Interesse an dem Thema Atombombe als einer
Bedrohung des Menschen, der er nicht entkommen kann, hat. Wird diese Feststellung
berücksichtigt, so ist es doch naheliegend, daß Kurosawa - ohne es direkt
beabsichtigt zu haben - sich dieses Themas noch einmal annehmen mußte, da der erste
Versuch mit "Ikimono no kiroku" aufgrund des ungünstigen Zeitpunktes seiner
Aufführung, noch nicht die gewünschte Resonanz bei den Zuschauern gefunden
hatte.
Es ist jedoch falsch, "Rhapsodie im August" als eine Neuauflage von "Ikimono no kiroku" zu
bezeichnen. In beiden Filmen ist das Thema "Atombombe" der Auslöser für einen
Konflikt innerhalb einer Familie. Es gibt durchaus Bilder, die in beiden Filme auftauchen, wie
das Zudecken der Kinder mit Laken oder Decken, um diese vor der gefährlichen
Strahlung zu schützen. In "Ikimono no kiroku" ist Herr Nakajima der Beschützende
und in "Rhapsodie im August" Kane.(144) Dennoch ist die Handlung der Filme völlig
unterschiedlich: sie spielt an unterschiedlichen Orten zu verschiedenen Zeitpunkten, so
daß sowohl die Dimensionen des Konfliktes ganz unterschiedliche Spannungen
erzeugen als auch deren Lösungen nicht miteinander zu vergleichen sind.
Während in "Rhapsodie im August" der Versuch zur Bewältigung des
Atombombenabwurfs zu einer Annäherung der ursprünglich entgegengesetzten
Standpunkte führt, gibt es in "Ikimono no kiroku" einen Bruch in der Familie: der Vater,
als Oberhaupt der Familie, wird in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen, während
sich der Rest der Familie um die Aufteilung des Erbes streitet.
4.3.3 The film "Konna yume wo mita" (Dreams)
In der japanisch-US-amerikanischen Coproduktion "Konna yume wo mita" aus dem Jahr
1990, die in den deutschen Kinos unter dem Titel "Träume" aufgeführt wurde,
befaßt sich Kurosawa ebenfalls in der sechsten der acht Episoden mit der
Atomkatastrophe. Der Ich-Erzähler im Film ist die Figur, die sehr persönliche
Erinnerungen und Visionen, Träume und Albträume erzählt. In der sechsten
Episode glüht der Berg Fuji, und seine Hänge schmelzen, weil das
dahinterliegende Atomkraftwerk mit seinen sechs Reaktoren explodiert ist. Die Anwohner
versuchen zu fliehen, aber da Japan eine zu kleine Insel ist, wird der pazifische Ozean
für die Menschen zum Grab. Auf der Flucht begegnet das "Ich" einer Mutter mit zwei
Kindern und einem Ingenieur, der die Dummheit der Menschen - einschließlich seiner
eigenen - beklagt. In dem Film wurden die radioaktiven Strahlen eingefärbt, so daß
Plutonium 239 als rote, Strontium 90 als gelbe und Caesium 137 als violette Strahlung zu
erkennen war. Diese Erkennbarkeit änderte aber an der Tödlichkeit kein Millirem.(145)
Als die bunten Strahlen sich bis zum Meer ausbreiten, flieht auch der Ingenieur ins Meer. Das
"Ich" versucht hilflos die Strahlen von der Mutter und den Kindern mit der Jacke
wegzuschlagen.
Dieser Einblick in Kurosawas Filmwerk zeigt, daß er sich bereits vor der Produktion von
"Rhapsodie im August" mit der Atomkraft und deren Einfluß auf das heutige Leben
befaßt hat. In "Ein Leben in Furcht" leugnet Kurosawa nicht, daß die Atombombe ein
Trauma für das japanische Volk ist und er macht darauf aufmerksam, wie wichtig die
Vergangenheitsaufarbeitung - ein in Japan gerne verdrängtes Problem - für die
Bewältigung des Traumas ist.(146)
4.4 Structure and narrative technique in
"Rhapsody in August" and "Nabe no naka"
[index]
4.4.1 The plot of the film
Im August 1990, 45 Jahre nach den Atombombenabwürfen über Hiroshima und
Nagasaki, verbringen zwei Geschwisterpaare, Tami und Shinjirô sowie Tateo und
Minako, sprich vier Jugendliche im Alter von 16 bis 19 Jahren ihre Sommerferien bei der
gemeinsamen Großmutter in den Bergen von Nagasaki.(147)
Ihre Eltern sind währenddessen in Hawaii, um dort Suzujirô, den Bruder der
Großmutter, und die Familie seines Sohnes Clark zu besuchen.(148) Suzujirô ist schon
vor dem Zweiten Weltkrieg nach Hawaii ausgewandert. Er hat dort eine US-Amerikanerin
geheiratet und lebt als wohlhabender Ananasplantagenbesitzer. Da er inzwischen schwer
erkrankt ist und fürchtet, nicht mehr lange zu leben, lädt er während des
Aufenthaltes der Eltern auch die Großmutter und ihre vier Enkel nach Hawaii ein. Es ist
sein sehnlichster Wunsch, noch einmal die Schwester zu sehen, aber diese kann sich nicht
mehr an ihren Bruder erinnern. Zu lange ist es her, daß er fortging, und zu groß war
die Familie mit den mehr als zehn Geschwistern. Es gibt nichts, was sie an "diesen fremden
Amerikaner aus Hawaii" erinnert und sie dort hinzieht. Zuerst verstehen die vier Enkel die
Reaktion der Großmutter nicht und fühlen sich um eine Reise nach Hawaii betrogen.
Ein Besuch der nahegelegenen Stadt Nagasaki verändert jedoch die Einstellung der
Kinder. Sie erfahren, daß ihr Großvater durch die Atombombe ums Leben kam, da
er zur Zeit des Abwurfes mitten in Nagasaki in der Schule befand, an der er unterrichtete.
Die Großmutter hielt sich in dem gemeinsamen Haus auf, das von den Bergen abgeschirmt,
einige Kilometer von der Stadt entfernt liegt, und somit unbeschädigt blieb. Die Kinder
beginnen, die Reaktion der Großmutter zu verstehen. Sie sehen, daß die
Atombombe die Ursache des millionenfachen Todes und somit für die
Überlebenden ein Trauma ist; etwas, das sich sowohl jeder Beschreibung entzieht, als
auch das Vergessen unmöglich macht.
Aber die Großmutter ist bereit, darüber zu reden - ohne Haß auf die
Amerikaner. Es beginnt eine Zeit, in der die Großmutter viele Geschichten aus ihrer
Vergangenheit erzählt. Die Enkel begegnen darin einer ihnen bis dahin unbekannten
Welt, für die es im modernen Leben ihrer Eltern keinen Platz mehr gibt.
Als sich die Großmutter schließlich doch dazu bereit erklärt, die Einladung
nach Hawaii anzunehmen, kehren die Eltern zurück. Die Stimmung ändert sich
schlagartig. Die Eltern sind Eindringlinge und Fremdkörper, die die langsam
entstandene Harmonie zwischen der Großmutter und ihren Enkeln zerstören.
Weder die Kinder noch die Großmutter zeigen Interesse für die Erzählungen
vom Reichtum und Wohlergehen der Verwandten in der westlichen Welt Hawaii. Die Eltern
wiederum möchten sich nicht mit der traumatischen Vergangenheit, dem
Atombombenabwurf, auseinandersetzen. Sie leben zu sehr in der Gegenwart des Konsums
und des Reichtums, als daß sie sich noch mit Problemen, die nicht ihre eigenen
Bedürfnisse betreffen, auseinandersetzen wollten.
Nachdem Clark beschließt, nach Nagasaki zu kommen, um sich für sein Volk bei
der Großmutter zu entschuldigen, nähern sich langsam die Standpunkte der Eltern
an diejenigen der Kinder sowie der Großmutter an. Als Suzujirô auf Hawaii stirbt,
sind alle gleichermaßen betroffen.
Am Ende bekommt die Großmutter bei einem Gewitter Halluzinationen, und die
Erinnerung an den Atombombenabwurf wird wieder lebendig. Es scheint so, als erlebe sie
den Abwurf ein zweites Mal. Alle folgen ihr gemeinsam, um sie im strömenden Regen zu
suchen. Dieser Sommer, 45 Jahre nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima, hat alle
verändert.
Die Handlung des Films verläuft auf zwei Ebenen: Einer gesellschaftspolitisch-sozialen
und einer sozialpsychologischen. "Sozialpsychologisch" heißt hier die Ebene der
Beziehungen einzelner Personen und Generationen untereinander, sprich derjenigen der
Großmutter zu den Enkeln, derjenigen der Großmutter zu ihren Kindern, derjenigen
der Eltern zu ihren Kindern und den einzelnen Beziehungen zu den Verwandten in Hawaii.
"Gesellschaftspolitisch-sozial" meint die Ebene, der sich mit der Atombombe befaßt.
Daß diese beiden Ebenen einander direkt berühren und gleichzeitig auch
durchdringen, wird im Film deutlich. Die Spannungen und Konflikte in diesem Film basieren
ja zu einem großen Teil auf der Berührung dieser beiden Bereiche: zuerst das
Nichtverstehen der Enkel, warum es die Großmutter nicht so sehr nach Hawaii zieht,
weiterhin die Irritation der Enkel durch das gemeinsame meditative Schweigen der beiden
alten Frauen. Die Großmutter erklärt ihren Enkeln dieses Schweigen mit der
Beobachtung, daß einige Menschen nichts sagten, auch während sie redeten. So
bringt die respektvolle Neugierde die Enkel und die Großmutter einander näher.
Daneben gibt es die Eltern, die mittlere Generation, die das Thema "Atombombe" am liebsten
verdrängt oder wie der Amerikaner Clark kaum etwas davon weiß. Den
Höhepunkt der Vermischung der beiden Ebenen markiert der Schluß des Films, als
Kane in der letzten Sequenz von der eigenen Vergangenheit eingeholt wird, und bei einem
Gewitter meint, noch einmal den Atombombenabwurf zu erleben. Kurosawa macht deutlich,
daß das Leben der einzelnen durch die Atombombe verändert wird. Diese ist damit
also sowohl ein gesellschaftspolitisches als auch ein individuelles Problem, das das Leben
des einzelnen bestimmt.
4.4.2 The plot of the novel "Nabe no naka"
Zum Vergleich werden an dieser Stelle die Ereignisse, wie sie sich in "Nabe no naka"
ereignen, zusammengefaßt:
Vier Enkelkinder verbringen ihre Sommerferien bei ihrer Großmutter auf dem Land.
Eines Tages bekommt die Großmutter einen Brief von ihrem Neffen Clark aus Hawaii, in
dem sie darum gebeten wird, ihren Bruder, der bald sterben wird, noch einmal zu besuchen.
Die Eltern der Kinder haben diesen Anlaß bereits dazu genutzt, in der Firma Urlaub zu
nehmen, und einen Krankenbesuch zu machen. Die vier Kinder würden auch gerne die
Verwandten in Hawaii besuchen, aber die Großmutter ist die einzige, die sich nicht so
sehr darüber freut, daß ihr jüngerer Bruder, ein anscheinend steinreicher
Ananasplantagenbesitzer, sie ausfindig machen konnte. Es ist schon über 60 Jahre her,
daß er auswanderte, und sie kann oder will sich nicht mehr an ihn erinnern. Stattdessen
erfreut sie sich daran, für ihre Enkel zu kochen, die jedoch die traditionellen Gerichte
der Großmutter nicht so sehr schätzen und Fast Food vorziehen. Darüber gibt es
eine Auseinandersetzung, die damit endet, daß Tami für alle kocht. Die
Großmutter beginnt, gruselige Geschichten aus ihrer Jugend zu erzählen: die erste
ist von ihrem Bruder Jirô, der ein wenig Ähnlichkeit mit Shinjirô hatte, und in
seiner Jugend verrückt wurde.
Auch einer weiteren Einladung aus Hawaii möchte die Großmutter nicht folgen.
Später entdecken die vier Enkel, wie die Großmutter zusammen mit einigen
anderen alten Leuten die Sutren betet. Sie beobachten ebenfalls, wie Ameisen, die sich in
hintereinander aufgereiht haben, an einem Rosenstiel heraufklettern. Abends gesteht die
Großmutter, daß sie sich nicht mehr an ihren Bruder Suzujirô erinnert, und
erzählt dann die Geschichte von Tetsurô, der Schuhmacher wurde und mit der Frau
seines Lehrmeisters durchbrannte. Im Wald wurden später zwei Zedern gefunden, die
vom Blitz getroffen worden waren. Es kursierte das Gerücht, daß diese beiden
Zedern Doppelselbstmord aus Liebe begangen hätten.
Alle drei bis vier Tage fährt Tami auf dem Gepäckträger von Shinjirô zum
Einkaufen in die Stadt am Fuß des Berges. Auf einem der Heimwege machen die beiden
einen Abstecher zu einem Wasserfall, wo sie eine Schlange sehen. Wieder zu Hause
entdecken sie im Orgelzimmer eine Merktafel, auf der die sogenannten "guten
Angewohnheiten", die man haben muß, um ein "guter Japaner" zu sein, aufgelistet sind.
Später fahren Tami und Tateo gemeinsam in den Wald, wo sie die beiden vom Blitz
getroffenen und verbrannten Zedern aus der Erzählung der Großmutter finden. Am
Abend bittet die Oma dann Tateo darum, einen von ihr formulierten Antwortbrief nach Hawaii
zu schreiben, in dem sie ihrem Bruder gute Genesung wünscht und um die Zusendung von
Fotos bittet.
Bei einem gemeinsamen Bad erzählt die Großmutter Tami die Geschichte von Mugiko.
Am Tag darauf besuchen Shinjirô, Minako und Tami noch einmal den Wasserfall. Die
Großmutter besucht wieder eine alte Freundin. Tami glaubt, daß die beiden alten
Frauen zu dem Haus neben dem Kampferbaum gehen, um dort die Sutren zu beten. Sie versucht
sich an die Personen aus den Geschichten der Großmutter zu erinnern und fragt sich,
ob sie für alle Verstorbenen die Sutren betet. Abends regnet es. Die Kinder erhalten
die Nachricht, daß die Eltern aus Hawaii zurückgekehrt sind. Die Großmutter
zeigt kein großes Interesse für deren Erzählungen.
Für die Kinder gehen nun die Ferien bei der Großmutter in den Bergen zu Ende.
Tami reflektiert über das Leben, das sich in dem Bild der Suppe, beziehungsweise des
Topfes, widerspiegelt.
Zusammen mit der Großmutter machen die vier Enkel einen Ausflug zu einem
Tempelteich. Dort erinnert sich Kane daran, daß ihr verrückt gewordener Bruder
Jirô darin einmal beinahe ertrunken wäre, wenn ihn nicht ein Flußkobold
rechtzeitig gerettet hätte. Da sie vorher jedoch erzählt hat, daß Jirô immer
eingesperrt gewesen sei, kommen die Kinder zu der Erkenntnis, daß ihre Geschichten
erfunden sind. Abends beginnt es wieder zu regnen. Kane läuft gegen den Regen und
den Wind an, scheint sich aber dabei keinen Zentimeter fortzubewegen. Tami folgt ihr, um
sie zurückzuholen.
4.4.3 The characters in the film
Die Hauptperson ist Kane, die Großmutter, deren Rolle im Film mit der im Jahr 1905
geborenen Schauspielerin Murase Sachiko besetzt ist. Sie kommt aus der experimentellen
Theaterszene und wurde seit Anfang der 30er Jahre für zahlreiche Rollen beim Film
engagiert. Sie wirkte unter anderem in Filmen von bekannten Regisseuren wie Mizoguchi,
Kinoshita und Imai mit.
In "Rhapsodie im August" wird durch ihre häufige Platzierung in der Bildmitte ihre
zentrale Stellung in der Handlung betont. Erst als die Eltern aus Hawaii zurückkehren
und die Harmonie des Alltagslebens, die zwischen den Enkeln und der Großmutter bis
dahin bestanden hat, verloren geht, wird sie an den Bildrand geschoben. Das heißt,
daß sie gleichzeitig aus dem Mittelpunkt der Handlung gedrängt wird. Daneben
sind ihre vier Enkel diejenigen, die den größten Raum im Film einnehmen. Da ist
Tami, die von Ôtakara Tomoko gespielt wird, mit ihrem jüngeren Bruder
Shinjirô, der mit Isaki Mitsunori besetzt ist.
Ihre Cousin und Cousine sind Tateo, der von Yoshioka Hidetaka dargestellt wird, und Minako,
die von Suzuki Mie gespielt wird. Die Eltern von Tami und Shinjirô spielen Igawa Hisashi
als Vater Tadao und Kayashima Narumi als dessen Ehefrau Machiko. Tadao ist Kanes Sohn.
Seine Schwester ist Yoshie, deren Part mit Negishi Toshie besetzt ist. Sie ist die Mutter von
Tateo und Minako. Yoshie ist mit Noboru verheiratet, der von Kawarasaki Chôichirô
gespielt wird.
In einer Nebenrolle des Films tritt noch eine weitere alte Frau auf, eine Freundin der
Großmutter, mit der sie gemeinsam schweigt. Suzujirô, der der Bruder von Kane
und gleichzeitig Clarks Vater ist, sowie Clarks Ehefrau und seine beiden Kinder sind nur auf
eingeblendeten Fotos zu sehen. Die beiden anderen Brüder der Großmutter, der
Schuhmacher Natakichi und der verrückte Suzukichi, tauchen nur in den
Erzählungen der Großmutter auf. Auch Kanes verstorbener Ehemann ist nur auf
einem Foto zu sehen.
Richard Gere ist der einzige westliche Schauspieler, der in "Rhapsodie im August" auftritt.
Der Weltstar spielt Kanes Neffen Clark. Er ist der Sohn des nach Hawaii ausgewanderten Bruders
der Großmutter, der dort eine US-Amerikanerin geheiratet hat, und somit Halbjapaner ist.
Die Frage nach dem Grund für seinen Auftritt in "Rhapsodie im August" drängt sich
damit regelrecht auf. Eine Pressestimme hierzu sagt: "Dieser Amerikaner funktioniert wie am
Anfang der Brief: als schieres Werkzeug der Peripetie."(149) Sicherlich ist die Funktion des
Schauspielers Gere im Film am fragwürdigsten. Ein Jahr zuvor war er als smarter
Gentleman und Herzensbrecher in dem Film "Pretty Woman" aufgetreten. 1983 wurde er nach
seinem Erfolgsfilm "An Officer and a Gentleman" zum schönsten Mann der Welt
gewählt.(150) Richard Gere spielte also häufig Rollen, in denen er zum "Objekt
fetischistischen Betrachtens" wurde.(151) In diesem Sinne war seine Paraderolle dazu "American
Gigolo" (Ein Mann für gewisse Stunden") in dem Film von Paul Schrader.
Warum hat Kurosawa ausgerechnet den Hollywood-Star Richard Gere für die Rolle des
reumütigen Neffen aus Hawaii ausgewählt? Kurosawa selbst sagt dazu, er sei nicht
nach dem Auftritt von Martin Scorcese in "Konna yume wo mita" auf den Geschmack
gekommen, Stars in seinen Filmen spielen zu lassen. Vielmehr habe er bei einem Empfang
anläßlich seines achtzigsten Geburtstages Richard Gere getroffen, der bei dieser
Gelegenheit den Wunsch geäußert habe, in einem seiner Filme auftreten zu
dürfen.(152) Gere ist Buddhist und engagiert sich auch politisch gegen die
Unterdrückung und Verfolgung von Minderheiten in Mittel- und Südamerika sowie
in Asien. Beachtenswert ist auch, daß er für den Film Japanisch gelernt hat, um
seine Rolle weitestgehend auf japanisch sprechen zu können. Aber auch wenn seine
Unbeholfenheit in der fremden Sprache, die zu seiner Rolle als in Hawaii aufgewachsener
Amerikaner japanischer Herkunft, der noch nie in Japan gelebt hat, gehört, ihn etwas
weniger selbstbewußt erscheinen läßt, leidet die Glaubwürdigkeit der
Figur Clark darunter, daß Gere den Zuschauern eher als der Leinwand-Liebhaber
bekannt ist. In "Rhapsodie in August" kann er sich von seinem Image nicht lösen.
Der Auftritt von Richard Gere in "Rhapsodie im August" könnte auch als eine Marketing-
Strategie gedeutet werden; der Hollywood-Star als "Zugpferd", um ein möglichst
großes Publikum zu erreichen? Insgesamt dauert der Auftritt von Richard Gere in dem
Film nur ca. dreizehn Minuten. Das entspricht weniger als einem Siebtel des Films. Auf dem
Filmplakat, das den Film ankündigt und für ihn wirbt, ist Kane abgebildet, die mit
einem umgeklappten Regenschirm gegen den starken Wind anläuft.
Darüberhinaus ist der Name "Richard Gere" erst an dritter Stelle - nach Murase Sachiko
und Yoshioka Hidetaka - genannt und sticht somit keineswegs aus der Reihe der anderen, auf
dem Filmplakat ohnehin nur sehr klein gedruckten Namen der Darsteller, hervor. Die Rolle
des Clark ist die des Vertreters der westlichen Welt, die mit einem westlichen Schauspieler
durchaus richtig besetzt ist. Diese Fakten bekräftigen somit Kurosawas Aussage,
daß Richard Gere die Rolle des Clark eher aufgrund ihrer zufälligen Begegnung
übernommen hat. Die Irritation, die er in dem Film hervorruft, kann somit durchaus als
eine von Kurosawa beabsichtigte Reaktion verstanden werden, denn die Folge davon ist ja,
daß sich der Zuschauer dadurch stärker mit ihm und dem, was er repräsentiert,
sprich der Haltung Amerikas, auseinandersetzt.
4.4.4 The characters in the novel
An einem Sommerabend - draußen ist es noch hell - steht Tami in der Küche ihrer
Großmutter und bereitet das Abendessen vor. Währenddessen erzählt sie vom
Garten der Großmutter und beginnt die Anwesenden, nämlich ihre Cousine, ihren
Cousin und ihren jüngeren Bruder, vorzustellen.
"Meine Cousine Minako hat die schlechte Angewohnheit beim Lernen
oder Lesen immer den Cassettenrekorder laufen zu lassen. Warum
nur läßt sie, egal ob sie rumliegt und Comics oder Zeitschriften liest,
immer dieses Ding plärren?" (153)
Ihr Cousin Tateo spielt auf der alten, verstimmten Orgel und versucht diese wieder zu
reparieren. Ihr Bruder Shinjirô verläßt meistens das Haus.
"Durch den Eingang zur Küche kehrt mein jüngerer Bruder Shinjirô
zurück. Er flieht jeden Tag vor den seltsamen Geräuschen in diesem
Haus zu einem nahegelegenen Tempel, wohin er seine Schulbücher
mitnimmt, um dann dort seinen Mittagsschlaf zu halten." (154)
Die achtzigjährige Großmutter ist zwar bis auf die Knochen abgemagert, aber
völlig gesund.
"Es war sehr eindrucksvoll, wie sie am frühen Nachmitag jenes
Tages
mitten im grünen Feld mit ihrem kleinen weißen Sonnenschirm
schaukelnd dastand. Großmutter stand auf dem Feldweg und wartete
so lange, bis wir zurückkehrten."(155)
Die Entwicklung, die die vier Kinder in den Ferien bei Kane in den Bergen gemacht haben,
wird ebenfalls detailliert geschildert. Tami resümiert die Erfahrungen, die sie
während des Sommers bei der Oma gemacht haben:
"Minako ist eine Frühaufsteherin geworden, seitdem sie zur
Großmutter gekommen ist. Wir wollten alle vier noch länger dort
bleiben, und versuchten den Tag der Rückkehr hinauszuzögern, aber
ich denke, daß Minakos gute Angewohnheit schon bald ein schönes
Souvenir werden sollte. Ach, das Lernen hat keine großen Fortschritte
gemacht, aber wir alle haben für uns ein Mitbringsel gefunden. Shinjirô
hat im Freien gespielt und ist ganz braun geworden, anstatt immer
nur Comics zu lesen. Das ist wirklich epochemachend.
Tateo hat gelernt aufrecht auf dem Boden knieend zu essen, bis zu
den Ferien war er nur gewohnt, auf Stühlen zu sitzen. Darüberhinaus
hat er gelernt, mit beiden Händen Orgel zu spielen. Ich habe gelernt,
Essen für fünf Personen zu organisieren."(156)
Die Charaktere des Romans sind - sowohl mit ihren Namen als auch von der Anlage der
Figuren her - mit denjenigen des Films beinahe identisch: Die Großmutter ist die
Hauptperson in "Nabe no naka". Die Enkel sind die Geschwisterpaare Tami und Shinjirô
sowie Tateo und Minako. Die Eltern tauchen im Roman jedoch viel verschwommener und
nebensächlicher auf als im Film und bleiben namenlos. Clark und dessen Vater
Suzujirô sind wiederum identisch mit den Filmcharakteren. Die Freundin der
Großmutter ist auch namenlos. Als Geschwister tauchen der verrückte Bruder auf,
der Jirô heißt, und der Schuhmacher, hier mit dem Namen Tetsurô. Nicht in
den Film übernommen wurde Mugiko, die nach dem Tod des Schuhmachers
Tetsurô und seiner Ehefrau als Waisenkind zurückgeblieben ist.
4.4.5 A comparison of the plots in film and novel
Sowohl der Film als auch das Buch lassen sich in fünf sequences beziehungsweise Kapitel
einteilen. Im Film sind die sequences unterschiedlich lang. In einzelne Sequenzen untergliedert
ergibt sich im Film eine 1-11-4-6-1-Struktur. Die einzelnen Kapitel des Buches sind dagegen
etwa gleichmäßig lang. Bei der Unterteilung in Szenen ergibt sich hierbei eine 3-5-
4-4-5-Struktur.
Insgesamt stehen den 23 Sequenzen des Films 21 Szenen im Buch gegenüber. Eine
Gegenüberstellung des Handlungsverlaufsplans des Films und des Buchs läßt
die Übereinstimmungen und Unterschiede ganz deutlich hervortreten.
Die Handlung der jeweils ersten und letzten Sequenz beziehungsweise Szene in Film und
Buch sind identisch. Im Mittelteil sind viele Szenen und Motive für den Film adaptiert
worden. Einiges wurde bei der Interpretation durch den Film weggelassen; vieles wurde
hinzugefügt. Die Übereinstimmungen seien hier kurz aufgezählt: Der
Briefwechsel zwischen der Großmutter und Clark; die Beschwerde der vier Enkel
über das Essen der Großmutter, die zur Folge hat, daß Tami fortan für alle
kocht; die Aufzählung der Namen von Kanes Geschwistern; die Erzählungen der
Großmutter von ihrem verrückten Bruder und dem Bruder, der Schuhmacher wurde;
das Sutrenbeten der Großmutter im Tempel; die Ausflüge der Kinder zu den Zedern
und dem Wasserfall; das Bild von der Reihe von Ameisen, die an einem Rosenstiel
hinaufklettern; und die Abschlußszene, in der Kane im Regen gegen den Wind
ankämpft.
Bei der filmischen Umsetzung wurde die Geschichte von Mugiko, die die Großmutter
erzählt, ausgelassen, ebenso wie ein gemeinsamer Ausflug der Großmutter und
ihrer Enkel zu einem Teich an einem nahegelegenen Tempel. Der Aspekt der
"Familiengeschichte" und des Zusammenlebens von zwei Generationen, die voneinander
lernen und sich so annähern, wird im Film nicht so ausführlich dargestellt wie in der
Romanvorlage. An seine Stelle tritt im Film das Vorstellen der Stadt Nagasaki und die noch
immer für diese Stadt und deren Bewohner zentrale Problematik des
Atombombenabwurfs. Außerdem wird im Film ein doppelter Generationenkonflikt
thematisiert. Die Großmutter und ihre vier Enkel haben nach einer
Gewöhnungsphase ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Jedoch verstehen sich
diese beiden Generationen nicht mit der dazwischenliegenden, mittleren Generation, also der
der Eltern, für deren Standpunkt und Ansichten weder Kane noch die eigenen Kinder
Verständnis aufbringen. Zudem wird im Film - die im Buch relativ distanziert gezeichnete
Beziehung zu den Verwandten in Hawaii - durch einen Besuch des
großmütterlichen Neffen Clark ergänzt.
4.4.6 The narrative perspectives
In der Vorlage und der Adaptation wird die Geschichte aus der Perspektive der
18jährigen Enkelin Tami erzählt. Es handelt sich um eine Ich-Erzählsituation,
in der die Erzählerin selbst als Figur in der erzählten Welt mitwirkt.(157) Der Film
"Rhapsodie im August" beginnt mit einer Detailaufnahme von einer Hand, die auf der Tastatur
einer Orgel die Tonleiter spielt. Aus dem Off ist als Voice-Over die Stimme einer jungen Frau
zu hören, die sagt: "Irgendwie sind es komische Sommerferien gewesen. In diesen
Ferien sind nur wichtige und merkwürdige Dinge passiert."(158) Erst in der zweiten
Einstellung versteht der Zuschauer, daß die Hand auf der Orgeltastatur zu Tateo
gehört. Die dritte Einstellung zeigt noch einmal den gleichen Bildausschnitt wie die erste,
wobei hier der Anfang des Schubert-Liedes "Sah" ein Knab ein Röslein stehn."
ertönt. Gleichzeitig beginnt die aus Einstellung 1 bekannte Stimme, den Text des Liedes
in der japanischen Übersetzung zu singen. Nachdem bereits 43 Sekunden verstrichen
sind, bekommt der Zuschauer in der darauffolgenden Einstellung Tami zu Gesicht. Im
weiteren Verlauf des Films ist der Zuschauer selbst unmittelbarer Beobachter des
Geschehens. Jedoch taucht Tami zwischendurch immer wieder als die "Allwissende" auf, also
als diejenige, die immer etwas mehr über die Lebensgeschichte der Großmutter
weiß als die anderen drei Enkel. Dieses zeigt sich beispielsweise, als Shinjirô, Tami
und Minako die Stadt Nagasaki besichtigen (Einstellungen 47 - 89) und Tami den beiden
Jüngeren ihr Wissen über den Atombombenabwurf vermittelt.
In dem Roman "Nabe no naka" wird die gesamte Handlung aus der Sicht von Tami
erzählt, so daß der Leser immer nur mittelbar die Handlung verfolgen kann. Die
Distanzierung des Lesers vom Erzählten ist hier größer als im Film, da das
unmittelbare Beobachten der einzelnen Personen nicht möglich ist. Tami ist die
rückblickende Erzählerin, die das Geschehen um sich herum gruppiert. Sie
erzählt aus der Ich- beziehungsweise Wir-Position und ist somit immer einbezogen in die
Handlung. "Wir vier Enkel sind Ende Juli, als die Schulferien gerade begonnen hatten,
hierher gekommen."(159) Im Film dagegen gibt es zahlreiche Einstellungen, in denen Tami nicht
im Bild ist.
Es bleibt festzuhalten, daß trotz der Gleichheit der Erzählperspektiven in Film und
Roman die Unterschiedlichkeit des künstlerischen Mediums zur Folge hat, daß die
Position des Betrachters oder Lesers jeweils eine andere ist.
4.5 Cinematic methods
[index]
Wie bereits im zweiten Kapitel ausführlich erläutert, bedienen sich Film und
Literatur unterschiedlicher Darstellungs- und Gestaltungsmittel. Im Gegensatz zum
vorangegangenen Teil der Filmanalyse werden nun die spezifisch filmischen Mittel, denen
ein literarisches Pendant fehlt, untersucht.
4.5.1 Design and costumes
Die detaillierte Beschreibung von der Kleidung der Personen und deren Umgebung ist an
sich kein genuin filmisches Ausdrucksmittel. In dem hier ausgewählten Beispiel jedoch
leistet der Film etwas, was das Buch der Vorstellungskraft des Lesers überläßt.
Die Kinder tragen im Film T-Shirts mit Schriftzügen, die stellvertretend für US-
amerikanische Institutionen oder Orte stehen, wie "New York", "M.I.T." oder "U.S.C.". Hiermit
bekunden sie, daß sie wie Kinder der westlichen Welt sein wollen und "Photokopien des
amerikanischen Alltags"(160) sind. Eine Tatsache ist, daß die US-amerikanische Kultur seit
dem Zweiten Weltkrieg auf Japan sehr großen Einfluß ausübt und in einem viel
größeren Maße präsent ist, als es in Europa jemals vorstellbar sein
könnte. Auch wenn Kurosawa zweifellos die Kleidung der Kinder bewußt eingesetzt
hat, ist zu berücksichtigen, daß Schriftzüge in westlichen Sprachen auf
Kleidung, Taschen und ganz alltäglichen Gebrauchsgegenständen überall
verbreitet sind und als modern gelten. Kinder und Jugendliche laufen im heutigen Japan
tatsächlich in einer derartigen Kleidung herum. Das gleiche gilt für die
Elterngeneration, die in ihrer Freizeit und im Urlaub, wie dargestellt, Polo-Shirts und
Bermuda-Shorts anziehen würden. Die Großmutter ist als einzige traditionell
japanisch gekleidet. Sie trägt die Hausfrauen-Schürzen, sogenannte Kappôgi,
die hinten zugebunden werden. Sie wohnt in einem traditionellen Landhaus, das von einer
Veranda umgeben ist und eine Feuerstelle im Innern hat. Die restlichen Aufnahmen sind an
Originalschauplätzen, beispielsweise im Wald, in Nagasaki oder am Flughafen gedreht.
Sowohl die Umgebung als auch die Kostüme wirken also authentisch.
Die Kleidung und die Umgebung spiegeln wider in welcher Zeit die drei Generationen
verwurzelt sind. Die Großmutter kleidet sich nicht nur traditionell japanisch und lebt in
einem traditionellen Haus, ohne Fernseher und ohne moderne Hifi- sowie elektronische
Haushaltsgeräte, sondern lebt auch noch in einer traditionellen Gedankenwelt. Sie
erzählt den Kindern Geschichten aus der Vergangenheit, die voll von magischen Bildern
sind. Derartige Erzählungen werden den Kindern im Fernsehen, wo Zeichentrick- und
andere moderne Abenteuerfilme dominieren, nicht geboten. Die mittlere Generation ist
modern gekleidet. Dieser Stil drückt aus, wie zukunftsorientiert und
fortschrittsgläubig diese Generation ist. Ihre Kleidung spiegelt nichts von der Zeit wider,
in der sie aufgewachsen sind. Vom Kleidungsstil der Großmutter wurde nichts mehr in
ihre Generation tradiert. Die dritte Generation ist ebenfalls modern gekleidet. Die vier
Kinder laufen in Jeans uns T-Shirts herum, was auch der Zeit, in der sie geboren und
aufgewachsen sind, entspricht. An dieser Stelle läßt sich bereits die Vermutung
andeuten, daß die Großmutter die These darstellt, ihre Kinder die Antithese
bilden, und erst die Enkel zur Synthese werden.
4.5.2 The level of magic in the film
Die Magie ist bis heute im japanischen Volksglauben ein zentrales Element.(161) Per
definitionem ist Magie "die Beschwörung von geheimnisvollen Kräften oder die
Zauberkunst". Magisches Verhalten geht - religions-phänomenologisch gesehen - von
der Überzeugung aus, daß der Mensch die Fähigkeit besitzt mit eigener Kraft
seine Umwelt und deren Objekte und Erscheinungen sowie Geister, Dämonen und
Gottheiten zu beherrschen und diese zum Erreichen seiner eigenen Ziele einzusetzen.(162) So
sind der Zyklus des menschlichen Lebens und auch derjenige des Erntejahres von
magischen Handlungen begleitet, auf die einzugehen, an dieser Stelle jedoch zu weit
führen würde.(163)
In "Rhapsodie im August" verwendet Kurosawa Akira magische Bilder und Motive in folgenden
Szenen: Nachdem die Großmutter die Geschichte von ihrem Bruder, dem Schuhmacher
Natakichi, erzählt hat, machen Tami und Tateo einen Ausflug in den Wald, um die
beiden Zedern, die vom Blitz getroffen wurden, zu suchen. Die Einstellungen 116 bis 121
zeigen, wie die zwei beim Anblick der verkohlten Zedern und dem Erinnern an die Worte der
Großmutter "Die zwei Zedern haben Doppelselbstmord aus Liebe begangen" von einer
romantischen Stimmung gebannt werden. An dieser Stelle muß angemerkt werden,
daß der "Doppelselbstmord aus Liebe" in Japan ein eigenes thematisches Genre ist.
Daß Kurosawa mit dem Aufgreifen dieser Geschichte, auf das Genre verweist, bleibt dem
nicht implizierten westlichen Betrachter zunächst einmal vorenthalten. Als ein filmisches
Beispiel sei hier nur der Film "Shinjû Ten no Amijima" (Der Doppelselbstmord von Amijima)
des Regisseurs Shinoda Masahiro aus dem Jahr 1969 genannt. Dieser Film ist die Adaptation
eines gleichnamigen Kabuki-Stücks von Chikamatsu Monzaemon, dem bedeutendsten
Autor für Kabuki- und Puppenspiel-Theaterstücke in Japan.
Das Bekämpfen der "Dämonen des Vergessens" wird in einer sehr stillen und
meditativen Art und Weise in den Einstellungen 125 bis 129 dargestellt. Die beiden alten
Frauen, deren Ehemänner beide Opfer der Atombombe wurden, treffen sich
gelegentlich, um ihren Schmerz darüber zu teilen. Das geschieht nicht, indem sie bei
diesen Anlässen miteinander reden, da damit der Schmerz nicht zu lindern ist.
Stattdessen sitzen die beiden Frauen einander gegenüber und schweigen miteinander.
Das ist für beide hilfreicher, wie die Großmutter später ihren Enkeln
erklärt, als der Austausch von nichtssagenden Worten und hohlen Phrasen.
Die Einstellungen 138 bis 144 spielen mit der Angst der vier Kinder. Als sie an einem
Wasserfall, dessen dröhnendes Rauschen an sich schon sehr beindruckend ist, sitzen,
taucht plötzlich im Wasser eine Schlange auf, die allen eine rätselhafte Angst
einjagt. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, daß die Assoziation vom gemalten
Auge des Suzukichi, einem Bruder der Großmutter, der verrückt geworden ist und
nur noch Augen gemalt hat, die Shinjirô beim Anblick des Schlangenauges hat, in die
Einstellung 143 in Großaufnahme eingeschnitten wird.
Aber nicht immer erscheint die Magie so bedrohlich. Nachdem die Großmutter eine
weitere Geschichte von Suzukichi, den einmal ein Flußkobold vor dem Ertrinken gerettet
hat, erzählt, verkleidet sich Shinjirô als Flußkobold, um die anderen zu
erschrecken. Hier wird dem Zuschauer durch einen ganz normalen Jungenstreich vor Augen
geführt, wie reizvoll das Magische sein kann.
Als die Eltern schließlich aus Hawaii zurückkehren, treten die unerklärlichen
und übersinnlichen Dinge in den Hintergrund. Der Alltag und die Hektik der
Erwachsenen hält Einzug, und das scheinbar Nutzlose und Schöne hat keinen
Platz mehr. Die Pragmatik verdrängt die Phantasie.
Erst als sich der Konflikt zwischen den Eltern und den beiden anderen Generationen
löst, ist wieder Raum für Phantasie und Kontemplation, was Kurosawa durch
besonders faszinierende Bildkompositionen ausdrückt. Als die Großmutter am
Jahrestag des Atombombenabwurfs für ihren verstorbenen Ehemann die Sutren betet,
beobachten Shinjirô und Clark, wie Ameisen eine Reihe bilden, und so hintereinander
an einem Rosenstiel hochklettern.
Die grandiose Schlußszene vertraut auf die "Magie der Bilder". Mit einem zierlichen
Schirm stemmt sich Kane dem sinntflutartigen Unwetter entgegen, ohne von den trotz
äußerster Kraftanstrengung auf der Stelle tretenden Kindern eingeholt werden zu
können.
Im Roman "Nabe no naka" gibt es diesen Stimmungsumschwung, der durch die
Rückkehr der Eltern aus Hawaii ausgelöst wird, nicht. In jedem der fünf Kapitel
gibt es zumindest eine der phantastischen Geschichten, die die Großmutter aus dem
gesamten Repertoire ihrer Lebenserfahrungen zu erzählen weiß. Im ersten Kapitel
erzählt die Oma die Geschichte vom verrückten Bruder Jirô, bei der sich
Shinjirô, der jüngste Enkel, gruselt. Die Erzählung vom Bruder Tetsurô,
der mit der Frau seines Lehrmeisters durchgebrannt ist, hören die Enkel im zweiten
Kapitel. Ebenso erscheint hier das Bild von der Ameisengruppe, die an einem Rosenstiel
hochklettert. Kapitel drei erzählt unter anderem von dem Besuch beim Wasserfall und
dem Ausflug zu den zwei vom Blitz getroffenen und verkohlten Zedern. Die im Film
ausgelassene Geschichte von Mugiko, dem Waisenkind, wird im vierten Kapitel geschildert.
Ein Grund dafür, daß Kurosawa diese Geschichte im Film ausgelassen hat,
könnte die Nichteignung dieser Geschichte für eine filmische Umsetzung sein, oder
aber die anderen Geschichten boten die Möglichkeit zu einer schöneren filmischen
Umsetzung. Im fünften und letzten Kapitel erfahren die vier Enkel bei einem Ausflug zu
einem Tempelteich von Suzukichis Rettung durch einen Flußkobold. Die letzte Szene
des Buches bildet die Schilderung des Abendregens, in dem die Großmutter herumirrt.
4.5.3 The key-color
Rot ist die Farbe des Feuers und des Blutes. Es ist eine symbolisch ambivalente Farbe, deren
positive Aspekte das Leben, die Liebe, die Wärme, die Leidenschaft und die
Fruchtbarkeit sind. Negativ ist, daß rot auch die Farbe des Krieges, der
zerstörerischen Macht des Feuers, des Blutvergießens und des Hasses ist. Rot ist
außerdem eine auffällige Signalfarbe, die Aufbruch, neues Leben und Wärme
verheißt.(164)
Die Farbe Rot tritt an einigen entscheidenden Stellen des Films auf, vor allem als Farbe des
Abendlichts. In den Einstellungen 42 und 43 kommt es beim gemeinsamen Abendessen der
Großmutter und ihrer vier Enkel zu einem Streit über das Essen. Die
Großmutter kocht mit großer Freude für ihre Enkel, denen jedoch ihre
Eßgewohnheiten veraltet erscheinen und denen demzufolge, im Gegensatz zur
Köchin selbst, das Essen überhaupt nicht schmeckt. Als Shinjirô und Tateo
dieses Problem klar und unmißverständlich aussprechen, ist die Großmutter
sichtlich verletzt. An dieser Stelle betont rot die negativen Seiten, den Streit und den
Schmerz.
Die 157. Einstellung, die im Kapitel 4.5.8 noch genauer analysiert wird, spielt ebenfalls in der
Abenddämmerung und ist somit von einer roten Grundfarbe dominiert. Hier steht die
Farbe rot für den Krieg.
Die Einstellungen 293 und 294, die nach Clarks Rückkehr nach Hawaii spielen, sind
wieder in rotes Licht getaucht. Die Großmutter bereut ihre Starrköpfigkeit: "Das ging
schnell. Wäre ich doch bloß nach Hawaii gefahren."(165) Nachdem ihr Bruder
gestorben ist, ohne daß sie einander noch einmal gesehen haben, tritt eine Wende ein.
Die Großmutter verliert über ihre Trauer das Zeitgefühl und wird immer
verwirrter. An diesem Punkt setzt der Prozeß des Gedächtnisverlustes ein.(166) Hier
symbolisiert rot den Aufbruch, ist als ein Hinweis auf einen Wandel zu verstehen, der der
Großmutter bevorsteht.
4.5.4 The music
Kurosawa bedient sich in "Rhapsodie im August" der auf Assoziationen beruhenden
Leitmotivtechnik, einer gängigen Technik Hollywoods, die zur Förderung von
Identifikation und Wiedererkennung dient. Diese Technik koppelt ein musikalisches Motiv mit
einer außermusikalischen Idee oder Person und erscheint dann wiederholt als deren
Träger.(167) Jede Art von Ton läßt sich in synchron und asynchron unterscheiden,
wobei synchroner Ton seine Quelle im Bild hat und asynchroner Ton von außerhalb des
Bildes kommt.(168) Der synchrone Ton in "Rhapsodie in August", der parallel zum Bild zu
hören ist, unterstreicht und beeinflußt die Handlung und verstärkt die
herrschende Grundstimmung.
Ein Leitmotiv, das den Film durchzieht, ist das "Heidenröslein" von Schubert, das in der
japanischen Übersetzung gesungen wird. Die dritte Einstellung zeigt wie die erste
Einstellung eine Hand, die auf der Tastatur einer Orgel den Anfang des Schubert-Liedes
"Sah" ein Knab" ein Röslein stehn" spielt. In der vierten Einstellung klingt das Singen und
Spielen des "Heidenrösleins" aus; und der erste von vier Leitmotivblöcken ist somit
beendet. In diesem ersten Block wird jedoch nur die erste Zeile des Liedes gesungen, was
einer Einleitung gleichkommt. In der 199. Einstellung spielt Tateo den Anfang der Melodie des
Heidenrösleins auf der Orgel, ohne daß dazu gesungen wird. Dem vorangegangen
ist eine Diskussion der vier Enkel, die sich nach der Rückkehr ihrer Eltern aus Hawaii
über deren Verhalten sowie deren Erzählungen ärgern. Der Grund dafür
ist, daß sie feststellen müssen, daß ihre Eltern sich nur für den Reichtum
der Verwandten in Hawaii interessieren. An dieser Stelle wird deutlich, daß der Konflikt
noch nicht gelöst ist. Das Orgelspiel wird abgebrochen, und nach einem harten Schnitt
sind wieder die Eltern zu sehen, die ganz aufgedreht von der Ananasplantage und den neuen
Perspektiven, wie einem Arbeitsplatzwechsel, reden.
Als Tateo zum dritten Mal, am Ende der Einstellung 252 das Leitmotiv auf der Orgel spielt,
singen die Kinder im Chor mit. Hier wird das Heidenröslein zum ersten Mal bis zum
Ende gespielt und gesungen. Anschließend betritt Clark das Zimmer und lobt die Kinder
für ihren schönen Gesang und erkundigt sich bei den Enkeln nach ihrem
Großvater. In den drei vorangegangenen Einstellungen wurde gezeigt, wie sich Clark bei
der Großmutter dafür entschuldigt, daß er nicht gewußt hat, daß ihr
Mann durch die Atombombe ums Leben gekommen ist, und er demzufolge auch keine
Rücksicht auf die Gefühle Kanes genommen hat.
Im letzten Block, der aus den Einstellungen 360 bis 370 besteht, wird das Heideröslein
insgesamt zwei Mal von einem Chor gesungen. Dieses ist das Ende des Films, als die vier
Enkel Kane im strömenden Regen hinterherrennen. Die Musik setzt genau zu dem
Zeitpunkt ein, als der Schirm der Großmutter vom Sturm nach hinten umgeklappt wird.
Ein weiteres im Film verwandtes musikalisches Motiv ist dem "Stabat Mater" von Antonio
Vivaldi entnommen. Dieses Motiv taucht an zwei Stellen in "Rhapsodie im August" auf, und
zwar wenn es um die Atombombe geht. Im Gegensatz zu den nur sehr kurzen Einspielungen
des Heiderösleins, untermalt es die Handlung über längere Zeit in zwei
Sequenzen. Das Ende der Musik bedeutet hier auch gleichzeitig das Ende einer Sequenz.
Das erste Mal ist Vivaldis Stabat Mater in der zweiten Sequenz in den Einstellungen 50 bis 89
zu hören. Die Musik setzt ein, als die Kinder auf dem Schulgelände, wo ihr
Großvater am 9. August 1945 gestorben ist, vor einem geschmolzenen Klettergerüst
stehen, das nun als Mahnmal dient. Anschließend besuchen die Kinder den
Friedenspark in Nagasaki, in dem Gedenkstatuen stehen, die dem Park von verschiedenen
Ländern der Erde zum Gedenken der Atombombenopfer gestiftet wurden. In der
neunten Sequenz, in den Einstellungen 237 bis 246, wiederholt sich der Besuch auf dem
Schulgelände. Der Unterschied ist jedoch, daß außer den vier Enkeln auch
Clark, Yoshie und Tateo diese Gedenkstätte besuchen. An dieser Stelle wird besonders
deutlich, wie sehr Kurosawa die Musik zur Verstärkung einer ohnehin schon sehr
bedrückenden Stimmung eingesetzt hat. Kurosawa verzichtet völlig darauf, die
Musik kontrapunktisch einzusetzen.
Neben den oben ausgeführten Gründen für den Einsatz der Musik, kann die
Verwendung von Musik westlicher Komponisten wie Schubert und Vivaldi außerdem als
ein Zeichen dafür gesehen werden, in welch großem Maße westliches
Kulturgut in Japan verbreitet und allgemein bekannt ist. Die Vertrautheit mit der Musik
westlicher Komponisten geht sogar so weit, daß diese Musik dazu eingesetzt werden
kann, beim japanischen Publikum eine beabsichtigte Stimmung hervorzurufen.
4.5.5 The sequences of the film
Der Film läßt sich wie bereits angemerkt in fünf sequences einteilen: In der ersten
sequences, die als Einleitung dient und 9,9 Minuten (41 Einstellungen) dauert, werden die
Hauptpersonen des Films sowie die Ausgangssituation vorgestellt. Diese Funktion
läßt sich auch aus der vergleichsweise langen Einstellungsdauer ablesen. In der
zweiten sequence, die 40,17 Minuten (135 Einstellungen) lang ist, wird das Konfliktpotential
"Atombombe" ausführlich dargestellt und von verschiedenen Seiten beleuchtet. In der
dritten sequence (9,2 Minuten; 40 Einstellungen) kommt es zur Krise, als die Eltern aus Hawaii
zurückkehren und das harmonische Leben im Haus der Großmutter durch ihre
Hektik und ihre Unsensibilität zerstören. Die vierte sequence mit 78 Einstellungen
dauert 24,53 Minuten. Hier ist der US-amerikanische Neffe Clark der Katalysator dafür,
daß sich die entgegensetzten Standpunkte wieder annähern. Die fünfte sequence
dauert 8,8 Minuten (76 Einstellungen). Es kommt zur Katastrophe. Hier zeigt sich nun,
daß sich die ehemals entgegengesetzten Standpunkte auflösen, als die Kinder und
Eltern gemeinsam versuchen, die Großmutter zu retten.
4.5.6 The narration: shots and montage
Das Filmprotokoll enthält auch das Kameraverhalten.(169) Wie im Anhang belegt,
umfaßt "Rhapsodie im August" insgesamt 370 Einstellungen, die sich auf zwölf
Sequenzen mit unterschiedlicher Anzahl und Zeitdauer verteilen. Berechnet man den
Durchschnitt, so besteht eine Sequenz aus 30,83 Einstellungen und umfaßt bei einer
Gesamtzeit des Films - ohne Vor- und Nachspann - von 92,6 Minuten eine Filmzeitdauer von
7,72 Minuten. Eine Einstellung dauert im Durchschnitt 15,02 Sekunden.
Der Erkenntniswert solcher reinen Durchschnittswerte ist in der Regel relativ gering,
nur als Vergleichswerte für die Betrachtung von Abweichungen machen sie Sinn, zum
Beispiel um festzustellen, ob überdurchschnittlich viele oder wenige Einstellungen in
einer Sequenz sind oder sie überdurchschnittlich lang oder kurz sind oder eine
Kombination aus beidem. Damit lassen sich Veränderungen im Erzählrhythmus
feststellen, die unabhängig vom subjektiven Zeitempfinden und von spezifischen
Formen subjektiver Identifikation mit dem Geschehen oder einzelnen Charakteren
objektiv festgestellt werden können, zum Beispiel wo kamera- und schnittechnisch
das Tempo gesteigert oder verzögert, wo Zeit gerafft beziehungsweise gedehnt wird
und wo Übergänge oder Pausen im Handlungsgefüge zu verzeichnen sind.
Erzähltechnisch gesehen wird damit ein Spannungsbogen erzeugt, die sich folgendermaßen
graphisch darstellen läßt.(170)
Betrachten wir die verschiedenen Spannungsbögen im einzelnen. Die erste und die
zweite Sequenz sind durch durchschnittlich lange Einstellungen gekennzeichnet. Es handelt
sich dabei um die Übermittlung des Basiswissens. Es werden die Hauptcharaktere und
die Atombombenproblematik vorgestellt. In der dritten Sequenz werden die Einstellungen
überdurchschnittlich lang. Hier findet die erste Diskussion über die Atombombe
statt. Zuerst diskutieren die vier Enkel untereinander, bis die Großmutter hinzukommt und
sich an dem Gespräch beteiligt. Die längsten Einstellungen des ganzen Films, mit
einem Maximum von 166 Sekunden in der 130. Einstellung, finden sich in der vierten
Sequenz. Hier dauert eine Einstellung durchschnittlich 28 Sekunden. Zum einen wird hier
das meditative Schweigen der Großmutter mit einer anderen alten Frau, deren Mann
ebenfalls durch die Atombombe ums Leben kam, dargestellt. Zum anderen zeigt diese
Sequenz, wie die Großmutter ihren Enkeln eine Geschichte aus ihrer Vergangenheit -
von einem ihrer Brüder - erzählt. Die fünfte und die sechste Sequenz sind
wieder etwa durchschnittlich lang. In der fünften Sequenz wird ein Ausflug der vier Enkel
zu einem nahegelegenen Wassserfall beschrieben. Die sechste Sequenz zeigt die
Großmutter sutrenbetend bei einem Tempelbesuch. Anschließend erzählt sie
den Enkeln vom Abwurf der Atombombe und setzt die Erzählung über ihren Bruder
Suzukichi fort. Die siebte Sequenz stellt einen besonderen Punkt in der Spannungskurve dar.
Die Einstellungen sind mit nur durchschnittlich 9,9 Sekunden sehr kurz. Die hohe
Schnittfrequenz steht inhaltlich in Einklang mit der Hektik, die durch die Rückkehr der
Eltern aus Hawaii eingekehrt ist. Alle reden plötzlich durcheinander. In der
darauffolgenden achten Sequenz werden die Einstellungen wieder etwas länger. Kane
ermahnt ihre Kinder, sich nicht nur für den Reichtum der Verwandten in Hawaii zu
interessieren. Die wieder relativ langen Einstellungen in der neunten Sequenz, sind zu
begründen durch einen Besuch des Sterbensortes des Großvaters, an dem alle
ruhig und andächtig stehen. Clark kommt zu Besuch aus Hawaii. Durch seine
Entschuldigung findet ein Umdenken der Eltern statt: Sie gestehen, daß es falsch war,
den amerikanischen Verwandten die Atombombe zu verheimlichen, um das gute
Verhältnis zu ihnen nicht zu beeinträchtigen. Danach sinkt die
Einstellungslänge wieder etwa auf durchschnittliche Werte. Clark ist in den Sequenzen
zehn und elf zu Gast, und der Alltag geht mit ihm normal weiter. Erst als Suzujirô stirbt
und die Großmutter immer verwirrter wird, bis sie schließlich Halluzinationen von
einem weiteren Atombombenabwurf hat, verkürzt sich die Einstellungslänge
wieder, und die Spannungskurve erreicht den absoluten Höhepunkt. Die
durchschnittliche Länge der Einstellungen erreicht in der Schlußsequenz 6,6
Sekunden.
Durch den Übergang immer kürzer werdender Einstellungswechsel zwischen zwei
Personen oder Personengruppen erfolgt eine Dynamisierung der Handlung, die mit einer
Zuspitzung des Konflikts einhergeht. So wird auch das Interesse des Zuschauers gesteigert
und zu einem Höhepunkt geführt. Diese Art der Montage heißt beschleunigte
Montage.(171) Die beschleunigte Montage ist ein spezieller Typ der Parallel-Montage.(172)
In der siebten, achten und der zwölften Sequenz treten beschleunigte Montagen auf:
In den Sequenzen sieben und acht, in denen der Konflikt zwischen den Kindern und der
Großmutter mit den Eltern dargestellt wird, treten Montagen zwischen jeweils einem
Elternteil mit einem Kind (E 184 - E 191) beziehungsweise zwischen den Müttern und
Vätern (E 200 - E 211) auf.
Die Montage, die in der zwölften und damit letzten Sequenz, beginnend mit der
Einstellung 334 auftritt, zeigt die Verfolgung der Großmutter durch Shinjirô, Tateo,
Tami, Minako, Yoshie und Tadao im Regen nach ihrem Gedächtnisverlust, als sie ein
Gewitter noch einmal als einen Atombombenabwurf erlebt.
Die Abfolge der beschleunigten Montage, wie sie in den Einstellungen 346 bis 350 auftritt,
wiederholt sich bis zur letzten Einstellung, insgesamt 370, noch viermal. Das verdeutlicht
einerseits den starken Willen und die Kraft, die die Großmutter aufbringt, um dieses Mal -
in ihrer Imagination - ihren Mann vor der Atombombe zu retten. Obwohl sie alt und ein wenig
gebrechlich ist, schaffen ihre Kinder und Enkel es nicht, sie einzuholen. Dennoch wird
gleichzeitig die Anstrengung gezeigt, die ihre Kinder und Enkel unternehmen, um sie wieder
nach Hause zurückzuholen. Am Schluß bleiben ihr jedoch nur noch ihre vier Enkel
auf den Fersen. Das Aufgeben der mittleren Generation und das gleichzeitige Durchhalten
der Enkel betont deren Funktion als Hoffnungsträger. Die vier Enkel verkörpern die
Hoffnung, da die jüngere Generation einen anderen Umgang mit der Vergangenheit
haben kann als noch deren Eltern. Hier wiederholt sich wieder das Schema von Kane als
These, den Eltern als Antithese und den vier Enkelkindern als Synthese.
4.5.7 The central shot
Die 157. Einstellung, die in der 46. Minute erscheint und sechs Sekunden lang ist, ist die
Schlüsseleinstellung des gesamten Films. Es handelt sich dabei um eine Einstellung
aus der subjektiven Vorstellungswelt der Großmutter: Das im Film entworfene Auge der
Bombe erscheint zwischen den Schnittlinien zweier Berge. Der gewählte Bildausschnitt
zeigt in der Totale das Panorama der Berge, das vom Haus der Großmutter aus zu sehen
und dem Betrachter vertraut ist, da es bereits vorher in ähnlicher Weise gezeigt worden
ist. Was die Einstellung jedoch von den vergleichbaren Einstellungen 154 sowie 160 bis 162
unterscheidet, ist, daß es sich hierbei nicht um eine realistische und naturalistische
Aufnahme handelt. Der Ausschnitt ist in rot, der Leitfarbe des Films, eingefärbt. Dadurch
wird die Wichtigkeit dieser Einstellung zusätzlich unterstrichen. Zum einen symbolisiert
die Farbe Rot in dieser Einstellung den Krieg und die zerstörerische Macht des Feuers.
Zum anderen ist die Farbe Rot hier bereits als ein Hinweis auf den bevorstehenden Umbruch
zu verstehen. Der wesentliche Unterschied ist jedoch, daß zwischen den Bergen ein
Atompilz zu sehen ist, der sich dann zu einem sich öffnenden Auge verändert.
Diese Einstellung ist eine reine Imagination der Großmutter, die sich an den Anblick des
realen Atompilzes erinnert, den sie nach dem Abwurf der Bombe von ihrem Haus sehen
konnte. Was diese Einstellung darüber hinaus von anderen abhebt, ist, daß es sich
hierbei um die einzige konkrete bildliche Erinnerung des ganzen Films handelt. Die
Verarbeitung der Vergangenheit - sprich die Gespräche und Diskussionen über die
Atombombe - erfolgen sonst immer zeitgleich mit der Handlung, beispielsweise indem
Einstellungen von den Denkmälern, die viele Länder zur mahnenden Erinnerung
im Friedenspark von Nagasaki haben errichten lassen, eingeblendet werden: Die
Gedenkstätte wird zu einem Ort der Touristen. Der Schrecken wird zu einem
touristischen Magneten der Jetzt-Zeit, als Horror-Sightseeing oder der staatlich
verordneten, unpersönlichen Erinnerung. Anders der Schulhof, auf dem der Großvater ums
Leben kam: Dort steht ein von der Hitze und der Druckwelle verformtes Klettergerüst.
Dort wird unmittelbar und einfach dargestellt, wie präsent der 9. August 1945 noch im
Sommer 1990 ist. Es wird nie auf altes Bildmaterial zurückgegriffen, um die
Erinnerungen an die Atombombe zu illustrieren. Die Einstellung 157 ist das Bild vor dem
geistigen Auge der Großmutter, das eine nicht unerhebliche Verfremdung erfährt.
Aus der Einheit des Films ragt auch der Ton in dieser Einstellung heraus. Es ist ein
unnatürliches Rauschen zu hören, das an ein künstliches Industrie- oder
Maschinengeräusch erinnert und sonst eher in Experimentalfilmen zu hören ist.
Dieses Geräusch steht in besonderem Kontrast zu den ansonsten eher natürlichen
und angenehmen Lauten der Tonebene, wie beispielsweise das Zikadenzirpen als
häufiges Hintergrundgeräusch oder das Rauschen des Wasserfalls. Selbst das
Spielen auf der anfangs noch sehr verstimmten Orgel ist im Vergleich zum mechanischen
Rauschen in der Einstellung 157 sehr wohltuend.
"Hinter den Bergen quillt plötzlich ein furchtbarer Atompilz hervor.
Aus dessen Mitte klopft es an, und ein großes Auge tritt heraus."
"Hachigatsu no kyôshikyoku" 1991 (Aus dem Skizzenbuch)(173)
4.5.8 The symbolism
Ein Symbol ist ein Erkennungszeichen bei dem die
"Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem ausschließlich auf
Konvention beruht. Die Bedeutung von Symbolen ist sprach-
beziehungsweise kulturspezifisch festgelegt, das gilt ebenso für
sprachliche Zeichen wie auch für Gesten oder bildliche
Darstellungen".(174)
Im Film gibt es zahlreiche Symbole, wie die Orgel, das Auge, den Engel und die Rose.
So erzählt beispielsweise die Großmutter ihren Enkeln immer wieder Geschichten
aus der Vergangenheit. Dabei frischt die selbst immer schwächer werdende
Großmutter ihre Erinnerung auf. Dieser Vorgang ähnelt einer Wiederherstellung der
Erinnerung, die von der Großmutter und ihren Enkeln gemeinsam vorgenommen wird.
Symbolisiert wird dies durch die Orgel, die am Anfang der Ferien völlig verstimmt und
später repariert ist.(175)
Ein wichtiges Symbol des Films ist das aus dem Atompilz hervorquellende Auge, das sich
jedoch nur aus einer profunden Kenntnis von Kurosawas gesamten filmischen Schaffen
heraus verstehen läßt. Seit dem Film "Dersu Uzala" (Uzala, der Kirgise) aus dem
Jahr 1975 sind Augen in Kurosawas Filmen mit einer unheilvollen Ahnung vom Tod
verbunden.(176) In "Rhapsodie im August" steht das Auge zum einen für die Menschen, die
durch die Atombombe ums Leben gekommen sind. Zum anderen kann das Auge auch als ein
Zeichen für den sich bereits ankündigenden Tod Kanes verstanden werden.
Ogata Toshiro sieht in Clark einen "von Übersee gesandten Engel".(177) Diese Assoziation
wird dem Zuschauer in dem Augenblick suggeriert, als Clark zu den vier Kindern ins Zimmer
kommt und deren Singen mit einem Engelschor vergleicht. Sein Verhalten gegenüber
seinen Nichten und Neffen macht ihn zu einem Teil dieses Chors und somit auch zu einem
Engel.(178) Ein Engel symbolisiert einen Mittler zwischen Himmel und Erde. Er ist ein Mittler
zwischen Leben und Tod, indem er die Botschaft beziehungsweise die Grüße vom
sterbenden Suzujirô von Hawaii nach Nagasaki bringt.(179) Auch Kane, an die die Botschaft
des Engels aus Hawaii gerichtet ist, wird einmal wie ein Engel dargestellt. Sie steht mit
einem weißen Schürzenkittel und mit einem weißen Sonnenschirm in der Hand im
Feld und erwartet die Rückkehr ihrer Enkel aus Nagasaki.(180)
In der 280. Einstellung klettert eine Reihe von Ameisen am Stiel einer Rose, bis zur roten
Blüte, hinauf. In der Romanvorlage ist die Rose weiß.(181) Die Rose ist im
"Heidenröslein" von Schubert neben dem Knaben die Hauptfigur, und sie ist rot.(182)
Wegen ihres Duftes, ihrer Schönheit und Anmut ist die Rose trotz ihrer Dornen eine der
am häufigsten begegnenden Symbolpflanzen.(183) Rosen stehen gleichzeitig für
himmlische Perfektion und irdische Leidenschaft, für Zeit und Ewigkeit, Leben und Tod
sowie Fruchtbarkeit und Jungfräulichkeit. Die Rose im westlichen Kulturkreis ist das
Pendant für die Lotusblume im asiatischen Kulturraum. Heute ist die rote Rose fast
ausschließlich ein Liebes-Symbol.(184)
Der Tag, an dem Clark und Shinjirô die Ameisenreihe an der Rose beobachten, ist der 9.
August 1990, der 45. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Nagasaki. An diesem Tag
versammeln sich viele alte Menschen in einem Tempel, um für die Opfer des
Atombombenabwurfs die Sutren zu beten. Eine Versammlung von Menschen hat es im Film
bereits an einer früheren Stelle gegeben, nämlich als Clark nach seiner Ankunft die
Todesstätte des Großvaters besucht.(185)
"Die Ameisenreihe entspricht der Gestalt der versammelten Menschen
am Klettergerüst, der Klang der Glocke und die stummen Gebete der
Überlebenden der Atombombenopfer, bringen die Blumen zum
aufblühen." (186)
Die Ameise symbolisiert ebenso wie die Biene Fleiß und ein organisiertes
Gemeinschaftsleben. Wegen ihrer ausgiebig angelegten Wintervorräte ist sie auch ein
Symbol der weisen Voraussicht.(187) Wenn die Ameise als eine Menschenmetapher verstanden
wird, kann sie an dieser Stelle für die Wehrlosigkeit und Machtlosigkeit der Menschen
vor der Atombombe stehen.
4.6 About the alteration of the title
[index]
Bei dem Roman "Nabe no naka" handelt es sich um eine Familiengeschichte.
Wird der Titel des Romans nun unter der Prämisse betrachtet, daß die Autorin
Murata Kiyoko den Reiz des Lebens dort spürt, wo in der alltäglichen Umgebung
des Menschen Spuren von ihm selbst zurückbleiben, dann muß an dieser Stelle
eine Schlüsselszene analysiert werden: Während Tami Suppe kocht, findet sie im
Topf die ganze Welt widergespiegelt. Der Topf steht also symbolisch für eine Szene aus
einem Leben.
"Als mir das gerade einfällt, sehe ich, wie sich der Flächeninhalt
des Topfes zur Oberfläche eines Teiches vergrößert. Ich betrachte
sie konzentriert. Dann entdecke ich, wie aus der Miso-Suppe kleine
sich bewegende Dinge durchschimmern. Die Wasseroberfläche ist
ockergelb wie aufgelöster Feldboden. Es treten dort menschliche
Köpfe und Hände hervor. Das müssen Jirôs Kopf und Hände sein.
Ich sehe auch den Stiel des Hämmerchens mit dem Tetsurô seine
Schuhe geschlagen hat. Es treibt alles so vor sich hin. Die Haare
von Mugiko treiben auf dem Wasser. Die zwei Zedern liegen im
Koma. Die Berge versinken. Die Felder versinken. Die Häuser, Rinder
und Hühner treiben auf dem Wasser. Ich sehe auf das alles herab,
wie auf Abfälle. Ich mache das Feuer aus und den Deckel darauf.
Omas Topf ist furchterregend."(188)
Der Inhalt des Topfes entspricht dem Mikrokosmos, in dem Tami sich in den Sommerferien
bewegt. Die einzelnen Bestandteile der Suppe sind die alltäglichen Erlebnisse und
Geschichten, mit denen sie bei der Großmutter konfrontiert wird. Diese Geschehenisse
müssen nun "zuende gekocht", "gegessen" und "verdaut" werden. "Im Topf" befindet sich
das Durcheinander der Gedanken, die Tami zu verarbeiten hat. Ebenso wie die Ingredienzien
zu einem Gericht verarbeitet werden müssen, müssen die einzelnen Bestandteile
des Lebens zu einem Ganzen zusammengefügt werden.
Kurosawa betitelt den Film mit "Rhapsodie im August". Diese Rhapsodie, ein Gedicht in freier
Form, basiert, wie es der Begriff schon nahelegt, auf Bruchstücken: Das Schweigen der
beiden alten Frauen, die ihren Erinnerungen nachsinnen; ein bedrohlich donnernder
Wasserfall; eine Reihe von Ameisen, die einen Rosenstengel heraufklettern, um zur roten
Blüte zu gelangen; einzelne Anekdoten, die die Großmutter ihren Enkeln
erzählt; alle diese Teile stehen gleichbedeutend nebeneinander und müssen zu
einem Ganzen verbunden werden.
Ein Kommentar, den Kurosawa selbst zu seinem Film abgegeben hat, drückt am besten
aus wie es zu der Änderung des Titels kam:
"Während der Dreharbeiten zu "Träume" habe ich Murata Kiyokos
Roman "Nabe no naka" gelesen und war sehr angetan von der
Schilderung dieses sozialen Mikroorganismus einer Familie. Die
Figur der Großmutter berührte mich am meisten und so beschloß
ich, sie ins Zentrum des Films zu rücken. Der Kontrapunkt zu dieser
Pastorale - extremer kaum denkbar - ist eine Tragödie: der Schrecken
des millionenfachen Todes, die Atombombe. Meine Geschichte hat -
wie sollte sich das in diesem Zusammenhang vermeiden lassen - eine
beunruhigende Seite, aber auch eine ermutigende. Es ist eine traurige
Geschichte, sehr menschlich und von großer Schönheit. Wie könnte
sie nur heißen, diese...Rhapsodie? Ja, es ist tatsächlich eine Rhapsodie.
Eine Rhapsodie im August. Wie sollte man sie also anders nennen?"(189)
Der Begriff Rhapsodie, das heißt auf Fragmenten basierend, sagt etwas über die
formale Gestaltung, über den Aufbau des Films aus. Der Monat "August", der in Japan
ein sehr heißer Sommermonat ist, steht für das Kriegsende und die Kapitulation
Japans am 15. August 1945.(190) Auch der Film "Sakuratai 6. August" von Shindô Kaneto ist
ein weiters Beispiel dafür, daß sich bei der Betitelung von Filmen das
"Kollektivsymbol" durchgesetzt hat. Es ist also zu berücksichtigen, daß der Titel des
Films für den japanischen Zuschauer noch eine Bedeutungs- und Assoziationsebene
enthält, die einem dem japanischen Kulturkreis fernstehenden Betrachter vorenthalten
bleibt. Somit ordnet sich "Rhapsodie im August" über den Titel in eine bestimmte
Tradition ein. Der Titel hat eine Signalwirkung, die beim japanischen Zuschauer Interesse
wecken kann.
4.7 Reception of the film
[index]
Die Rezeption des Romans soll auf die Untersuchung der filmischen Adaptation durch
Kurosawa beschränkt bleiben. Die Adaptation an sich ist bereits eine Form produktiver
Rezeption.(191)
Den Angaben des für Deutschland autorisierten Filmverleihs "TOBIS Filmkunst" zufolge
wurde der Film mit insgesamt 27 Kopien gestartet. Etwa 30.000 Besucher schauten sich den
Film "Rhapsodie im August" an. Angesichts des Themas des Films und der Besucherzahl ist
die Zahl der Kopien sehr groß. Von einem Kurosawa-Film wurde eine größere
Zuschauerzahl erwartet. Der Film war kein Publikumserfolg obwohl er von der Kritik positiv
aufgenommen wurde. Da die Analyse der Zuschauerzahlen jedoch als sehr zweifelhaft gilt
und kein zuverlässiger Maßstab für eine Aussage über die Qualität
eines Films ist, da andere Aspekte wie Vermarktung, Popularität der im Film auftretenden
Schauspieler und des Regisseurs ebenfalls eine große Rolle spielen, wird hier eher die
Beurteilung in den Medien berücksichtigt. Das Ziel und der ökonomische Zwang,
ein großes Publikum erreichen zu müssen, ist häufig kaum mit dem Anspruch
zu vereinbaren, "Kunst" zu produzieren. Balázs sagte bereits 1930 in seinen "Ideologischen
Bemerkungen" hierzu:
"Doch schien es bisher ein allgemeines Gesetz zu sein, daß in der
Kunst geistiger Wert und Popularität in umgekehrtem Verhältnis
zueinander stehen. Für die Bildungsaristokratie galt "unverständlich"
als ein Adelsprädikat."(192)
Da die politische Dimension des Films heftig diskutiert wurde, soll hier nun diese Kontroverse
aufgearbeitet werden. Die Rezensionen von "Rhapsodie im August" in der deutschen Presse
sind in zwei sequences aufzufinden. Die ersten finden sich zwischen Mitte März bis Mitte
Mai 1991 und beziehen sich auf eine Pressevorführung in Tôkyô und die
bevorstehende Europa-Premiere bei den Filmfestspielen in Cannes. Die erste Kritik von
Helmut Räther, die am 16. März erschienen ist, trägt die Überschrift
"Kurosawas Film-Idylle erweist sich als politischer Sprengstoff"(193). Dieser Artikel, der
unmittelbar nach der ersten Vorführung für ausländische Journalisten in
Tôkyô und einer anschließenden Pressekonferenz mit Kurosawa entstanden
ist, ist stark von aggressiven Reaktionen und antijapanischen Ressentiments geprägt.
Kurosawa wird das Verschweigen der Tatsache - "wie das die Japaner stets tun" - , daß
sie ihren Eintritt in den Zweiten Weltkrieg mit dem Angriff auf Pearl Harbour am 7. Dezember
1941 selbst ausgelöst hätten, vorgeworfen. Auch die Frage erbitterter Journalisten
danach, warum Kurosawa keinen Film über das Massaker von Nanking mache, wird
wiedergegeben. Aber alle diese Äußerungen werden am Ende von der paranoid
anmutenden Warnung vor der "mit Industriegeldern zum subtilen Propagandainstrument
aufgerüsteten japanischen Filmindustrie" übertroffen.
Eine wesentlich differenziertere, wenngleich auch sehr problematisierende Darstellung bietet
Uwe Schmitt am 8. April 1991. Die verschiedenen Reaktionen auf "Rhapsodie im August"
werden folgendermaßen zusammengefaßt:
"In Amerika wird man Akira Kurosawa angreifen und Japan meinen.
In Europa wird man den Film eher verteidigen und Kurosawa meinen.
In Japan haben jetzt Korrespondenten "Rhapsodie im August", einen
Film über die Atombombe gesehen und erfahren, daß Kurosawa es
nur gut gemeint hat."(194)
Der politischen Aussage Kurosawas wird in diesem Artikel ein derartiges Verständnis
entgegengebracht, das vermuten läßt, daß sich Schmitt mit dem filmischen
Gesamtwerk auskennt: Kurosawas
"Verachtung für nukleare Waffen und sein Mißtrauen gegenüber
einer friedlichen Nutzung der Kernenergie sind seit langem bekannt,
denn in seinem vorangegangenen Film "Träume" kommt eine
alptraumhafte Sequenz mit der atomaren Verwüstung des Bergs Fuji
vor".
Jedoch verbaten sich die amerikanischen Kritiker "eine solch einseitige
Versöhnungsgeste ohne das Eingeständnis eigener Schuld".(195)
Auch während des Golfkrieges hat der damalige US-amerikanische
Verteidigungsminister Dick Cheney in Japan noch für Aufregung gesorgt,
"als er den Abwurf der Atombomben mit dem Hinweis rechtfertigte,
die amerikanischen Landungstruppen und auch die Zivilbevölkerung
hätten sonst noch höhere, unerträgliche Verluste bei der Eroberung
Japans hinnehmen müssen".(196)
Dieses Argument habe den Kalten Krieg überlebt und sei nicht ohne weiteres aus der
Welt zu schaffen, so der Verfasser dieses Artikels.
Der Spiegel, der allgemein als eher japankritisch gilt, bringt dem Werk von Kurosawa
Verständnis entgegen. Auch hier wird beachtet, daß der Regisseur bereits in
früheren Werken seine Angst vor einer Atomkatastrophe verarbeitet hat. Sein
"Beharren auf der widersprüchlichen Subjektivität einer Erfahrung
und die daraus resultierende Irritation der Geschichts-Moralisten
durch Verweigerung eines Schuldzuweisungs-Pensums"(197)
wird Kurosawa positiv angerechnet.
Auch Thierry Chervel in die tageszeitung verteidigt den Film und verurteilt die "wilde
Entrüstung, die gegen "Rhapsodie im August" losbrach" als "selbstgerecht,
anmaßend und heuchlerisch".(198) In Kurosawas Botschaft schwinge kein bißchen Groll
mit, und die US-Amerikaner würden seine Botschaft nur vertragen können, "wenn
er Hiroshima und Nagasaki als Strafe für eigene japanische Sünden verkleidet
hätte".(199)
Um noch einmal abschließend auf die politische Kontroverse, die dieser Film
ausgelöst hat, einzugehen, soll hier eine Passage aus der Einstellung 217 zitiert
werden. Die Großmutter sagt an dieser Stelle folgendes:
"Die Atombombe wurde abgeworfen, und es ist unangenehm, sich
daran zu erinnern. Sich nicht daran zu erinnern, ist aber noch
trauriger. Die Atombombe wurde abgeworfen, um den Krieg zu
beenden. Seit dem Kriegsende sind schon 45 Jahre vergangen, aber
das Morden geht noch weiter. Um einen Krieg zu gewinnen, machen
die Menschen alles."
Kane, die Hauptfigur des Films, ist für die Botschaft des Films verantwortlich. In dieser
Passage verdammt sie eindeutig den Krieg und die Atombombe an sich und will keineswegs
einseitige Schuldzuweisungen vornehmen.
Ein zweiter Block von Kritiken zum Film "Rhapsodie im August" ist in der Zeit vom 13. - 20.
November 1991 im Umfeld der deutschen Erstaufführung zu finden. Kinostart war der 14.
November 1991. In dieser sequence schienen sich die Wogen, die bei der
Pressevorführung in Tôkyô im März desselben Jahres noch sehr hoch
schlugen, bereits geglättet zu haben. Die Empörung der USA über diesen
Film, die kaum noch nachvollziehbar scheint, wird bereits wie ein eher historisches Ereignis
betrachtet.(200) Anstelle der Aufarbeitung dieser zwischenstaatlichen Kontroverse tritt nun die
Besprechung des Films als ästhetisches Produkt. Die Diskussion der politischen
Aussage ist nun eher sachlich als polemisch. Die Bedrohung, die Kurosawa spürt, da
viele Staaten Atomwaffen besitzen, wird akzeptiert. H.G. Pflaum geht in der
Süddeutschen Zeitung sogar soweit, von einem Mißverständnis US-
amerikanischer Zuschauer zu sprechen und bezeichnet "Rhapsodie im August" als "das
leidenschaftliche Plädoyer eines Pazifisten".(201) In der Frankfurter Rundschau vom
14.11.1991 betont Peter Körte den Anspruch des Films, der vom Zuschauer mehr
Anstrengung und Konzentration verlange, "als die meisten heute im Kino auf sich nehmen
mögen".(202) "Rhapsodie im August" wird als eine Bestätigung von Günther
Anders" alter Einsicht, daß der Schrecken, das Grauen der Bombe nicht nur in ihrer
Vernichtungsgewalt, sondern auch in der ungeheuren Differenz zwischen Herstellen- und
Vorstellenkönnen liege gesehen. Karsten Witte in Die Zeit vom 15.11.1991 bezeichnet
"Rhapsodie im August" als einen zivilen Film, der nicht den politischen und militärischen
Führern die Kriegsschuldfrage stelle, sondern untersuche, wie die gewöhnlichen
Leute mit dem dadurch entstandenen Leid umgingen. Und die Antwort darauf hieße: "mit
Verdrängung und Wahnsinn".(203) In einem Interview des Nobelpreisträgers Gabriel
García Márquez kann Kurosawa selbst noch einmal Stellung nehmen:
"Was ich gerne zum Ausdruck bringen möchte, ist die Art der Wunde,
die die Atombombe in den Herzen der Menschen hinterließ, und wie
diese allmählich zu heilen begann. (...) Aber das Schlimmste ist, daß
dieser Tag bei den Japanern in Vergessenheit geraten ist."(204)
Kurosawa möchte mit "Rhapsodie im August" gegen dieses Vergessen ankämpfen,
da zum einen noch heute noch 2.700 Patienten im Atombomben-Hospital darauf warten, an
den Spätfolgen der Radioaktivität zu sterben. Zum anderen besteht die Gefahr
eines weiteren Atomunfalls, solange es die Atomenergie gibt. Zum Schluß soll hier noch
die Besprechung von "Rhapsodie im August" des katholischen film-dienst berücksichtigt
werden. Darin wird der Film als ein Alterswerk "voller Güte und Verständnis, stiller
Heiterkeit und sanfter Wehmut, das Bewunderung verdient, hinter dem mögliche Kritik
zurückzustehen hat"(205) charakterisiert. "Rhapsodie im August" sei kein schockierendes
Pamphlet wider den Krieg, sondern eher ein tröstliches Friedensgebet. Der Film
erhält von der "Katholischen Filmkommission für Deutschland" die höchste
Auszeichnung, das Prädikat "sehenswert".
An dieser Stelle muß noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen werden,
daß die Rezensionen in den Zeitungen alle recht oberflächlich bleiben. Die
verschiedenen Autoren stürzen sich auf die politische Ebene des Films, da diese am
stärksten zu einer Diskussion einlädt, und vernachlässigen dabei fast
völlig die ästhetische und die gesellschaftspolitisch-soziale Dimension von
"Rhapsodie im August". Damit bleibt ein großer Teil des Films und somit auch der
filmischen Aussage völlig unberücksichtigt. Es wird schlichtweg übersehen,
daß Kurosawa Akira ein sehr aufmerksamer Beobachter und guter Kenner der
japanischen Gesellschaft, ihrer Strukturen und Veränderungen ist. Der Film enthält
weit mehr Bedeutung und Information, als in den Besprechungen des Films vermittelt wird.
"Rhapsodie im August" ist auch eine sehr klare Analyse des Generationenkonflikts. Aus der
Darstellung der Großeltern-, Eltern- und Kindergeneration wird ersichtlich, wie sehr sich
die beiden jüngeren Generationen von dem im Ausland verbreiteten Klischee entfernt
haben: Das heutige Japan ist nicht mehr das traditionelle Land, das vom Kimono und der
stillen Meditation beherrscht wird. Dem aufmerksamen Betrachter des Films entgeht nicht, wie
fremd und sogar bereits unbekannt der dritten Generation diese Werte und Traditionen sind.
Der Film vermittelt also neben der politischen Darstellung auch noch ein sehr präzises
Bild vom Zustand der japanischen Gesellschaft.
Darüberhinaus sprengt der Film auch in ästhetischer Hinsicht Maßstäbe
des heutigen Filmschaffens. Der Film braucht für die Formulierung seiner Aussage
keinen Atompilz vor dem sich ein verliebtes junges Paar küßt, um die Zuschauer zu
fesseln und damit paradoxerweise gleichzeitig vor der Gefahren der Atombombe zu warnen,
wie es beispielsweise in dem zur Zeit in den deutschen Kinos laufenden US-amerikanischen
Film "True Lies" von Peter Cameron der Fall ist. Stattdesen zeigt der Film "Rhapsodie im
August" mit schönen Bildern aus dem Alltag, wie die Erinnerung an die Atombomben im
normalen Leben der Menschen noch präsent ist. Ohne Aufsehen erregen zu wollen,
erzählt der Film unsemtimental und in heiterer und ästhetisch schöner Art eine
Geschichte mit ernstem Hintergrund. Auch auf das Potential zur Steigerung der Vermarktung,
das beispielsweise das Herausstellen von Richard Gere als Hollywood-Star hätte haben
können, wurde verzichtet. So hat der Film möglicherweise genau das Publikum
erreicht, das er verdient.
Footnotes
[index]
1 Comp. "The Bomb", Film USA 1989,
Direction: Joseph Sargent. This film offers a good exposé on the development of the atomic bomb
and the discussions around the first use of the atomic bomb, and can serve as an illustration to historic sources.
2 Because the political reasons for the dropping of the atomic bomb can not be discussed
within the scope of this study, we refer to a study done by Lawrence Freedman: The Evolution of Nuclear Strategy;
Macmillan Press, London 1981.
3 Imidas, Innovative Multi-Information Dictionary, Annual Series; Shûeisha, Tôkyô 1991,
p.311.
4 Frankfurter Rundschau of 08. 08. 1994.
5 Comp. Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse; Metzler, Stuttgart 1993, p. 199.
6 Comp. Tudor, Andrew: Theories of Film; Secker & Warburg, London 1973, p. 116 ff.
7 Comp. Monaco, James: Film verstehen; Rowolt, Reinbek 1980, p. 394.
8 Id., p. 386.
9 Bowden, Liz-Anne: Buchers Enzyklopädie des Films, Bucher, Luzern 1977, p.292.
10 Comp. Hickethier, Knut: a.a.O., p. 203 f.
11 Comp. id., p. 202.
12 Comp. Winter, Rainer: Filmsoziologie. Eine Einführung in das Verhältnis von Film,
Kultur und Gesellschaft; Quintessenz, München 1992, p. 37.
13 Schaarschmidt, Siegfried: Nachwort; in: Ibuse Masuji: Schwarzer Regen; Fischer,
Frankfurt 1985, p. 361.
14 Comp. Hijiya-Kirschnereit, Irmela: Einführung; in: Saegusa Kazuko: Der Sommer an
jenem Tag; Insel, Frankfurt 1990, p. 12.
15 Press information of Tobis Filmkunst.
16 Adorno, Theodor W.: Gesellschaftstheorie und Kulturkritik; Suhrkamp, Frankfurt 1975,
p. 65.
17 Comp. also Lütkehaus, Ludger: Philosophieren nach Hiroshima. Über Günther Anders;
Fischer, Frankfurt 1992, p. 40.
18 Itô Narihiko: Nachwort; in: Itô Narihiko; Schaarschmidt, Siegfried und Schamoni,
Wolfgang: Seit jenem Tag. Hiroshima und Nagasaki in der japanischen Literatur;
Fischer, Frankfurt 1984, p. 202.
19 Adorno, Theodor W.: Negative Dialektik; Suhrkamp, Frankfurt 1966, p. 353.
20 Comp. Itô Narihiko: a.a.O., p. 209.
21 The film "The Effect of the Atomic Bomb", which was produced by the film company Nichi-ei in 1946,
should be mentioned as an example of a Japanese documentary about the atomic bomb.
22 Here the short film "Heso to genbaku" (Navel and A-Bomb) of Hosoe Eiko made in 1960, can be
mentioned as evidence.
23 An dieser Stelle muß eine terminologische Unklarheit ausgeräumt werden: In Anlehnung
an Franz-Josef Albersmeier (ders.: Einleitung:Von der Literatur zum Film. Zur Geschichte der Adaptationsproblematik;
in: Albersmeier, Franz-Josef / Roloff, Volker: Literaturverfilmungen; Suhrkamp, Frankfurt 1989, p. 15 - 37) bevorzugt
die Verfasserin von den zur Verfügung stehenden Begiffen Adaptation, Adaption, Bearbeitung, Literaturverfilmung,
Transposition, Transformation oder Umwandlung, den Terminus "Adaptation".
Dieser Begriff wird dem Terminus "Adaption" vorgezogen, da im angelsächsischen und französichen
Sprachraum der Begriff "Adaptation" verwendet wird. Vgl. Kapitel 2.
24 Lessing, Gotthold Ephraim: Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie;
Reclam, Stuttgart 1964.
25 Comp. Schneider, Irmela: Der verwandelte Text. Wege zu einer Theorie der Literaturverfilmung; Niemeyer,
Tübingen 1981, p. 57.
26 Comp. Schneider, Irmela: a.a.O., p. 66 ff.
27 Comp. dazu Albersmeier, Franz-Josef: Einleitung: a.a.O., p. 15 ff.
28 Comp. Reif, Monika: Film und Text. Zum Problem von Wahrnehmung und Vorstellung
in Film und Literatur. Narr, Tübingen 1984, p. 135.
29 Albersmeier, Franz-Josef: Bild und Text. Beiträge zu Film und Literatur (1976 - 1982);
Lang, Bern/Frankfurt 1983, p. 74.
30 Reif, Monika: a.a.O., p. 146.
31 Comp. footnote 23 in the introduction.
32 Weber, Alfred: Film und Literatur in Amerika. Eine Einführung; in: Weber, Alfred und
Bettina Friedl (Ed.): Film und Literatur in Amerika; Wissenschaftliche
Buchgesellschaft, Darmstadt 1988, p. 13.
33 Comp. Schneider, Irmela: a.a.O., p. 12.
34 Comp. Schneider: a.a.O., p. 37.
35 Albersmeier, Franz-Josef: Theater, Film und Literatur in Frankreich. Medienwechsel
und Intermedialität; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1992, p. 172 f.
36 Bazin, André: a.a.O., p. 46f.
37 Remak, Henry H. H.: Definition und Funktion der Vergleichenden Literaturwissenschaft,
in: Rüdiger, Horst: Komparatistik, Aufgaben und Methoden; Kohlhammer, Stuttgart 1973,
p. 11.
38 Comp. Schneider: a.a.O., p.293 f.
39 Schneider, a.a.O., p. 27.
40 Mundt, Michaela: Transformationsanalyse. Methodologische Probleme der
Literaturverfilmung; Niemeyer, Tübingen 1994, p. 24.
41 The author's use of the term "paradigma" is based on the its use by Michael Mundt.
42 Lessing, Gotthold Ephraim: a.a.O., p. 114 f.
43 Mundt, Michaela: a.a.O., p. 57.
44 Mundt, Michaela: a.a.O., p. 107ff.
45 Albersmeier, Franz-Josef: André Malraux und der Film. Zur Rezeption des Films in
Frankreich; Lang, Bern/Frankfurt 1973, p. 152ff.
46 Mundt, Michaela: a.a.O., p. 204. Comp. also Faulstich, Werner: Einführung in die
Filmanalyse; Narr, Tübingen 1980, p.146 ff.
47 Richie, Donald: Japanese Cinema. An Introduction; Oxford University Press, Hong Kong
1990, p. 54 f.
48 Richie, Donald: a.a.O., p. 55.
49 Goodwin, James: Akira Kurosawa and Intertextual Cinema; The Johns Hopkins University
Press, Baltimore/London 1994, p. 55.
50 Goodwin, James: a.a.O., p.233.
51 Goodwin, James: a.a.O., p. 8.
52 Richie, Donald: The Films of Akira Kurosawa; University of California Press,
Berkeley/Los Angeles 1984, p.81.
53 Kurosawa Akira: So etwas wie eine Autobiographie; Diogenes, Zürich 1991, p. 228.
54 Kurosawa Akira: a.a.O., p. 225.
55 Comp. Kurihara Sadako: Das Leiden der Schriftsteller, die Hiroshima erfahren haben,
und die heutige Atombombenliteratur; in: Engelmann, Bernt u.a. (Ed.): "Es geht,
es geht..."; Goldmann, München 1982, p. 211.
56 Pietzcker, Carl: Trauma, Wunsch und Abwehr. Psychoanalytische Studien zu Goethe,
Jean Paul, Brecht, zur Atomliteratur und zu literarischen Form; Königshausen
und Neumann, Würzburg 1985, p.128 f.
57 Kurihara Sadako: a.a.O., p. 212.
58 Comp. also Pietzcker, Carl: a.a.O., p. 189.
59 Further differences should be discussed by historians.
60 Ôe Kenzaburô: Atomic Aftermath; Shûeisha, Tôkyô 1984, p. 176.
61 Jaspers, Karl: Die Atombombe und die Zukunft des Menschen; Piper, München 1958, p.281.
62 Comp. Jaspers, Karl: a.a.O., p.394.
63 Jaspers, Karl: a.a.O., p.410.
64 Giesen, Rolf: Sagenhafte Welten. Der phantastische Film; Heyne, München 1990, p. 227.
65 Laplanche, J./ Pontalis J.B.: Das Vokabular der Psychoanalyse, Suhrkamp, Frankfurt
1972, Band 2, p. 513.
66 Author's remark.
67 Author's remark.
68 Pietzcker, Carl: Trauma, Wunsch und Abwehr; Königshausen und Neumann, Würzburg 1985,
p.132.
69 Atomic Café (USA, 1982): compilation film, which is compiled exclusively from didactive and archival material
of the U.p. government and army. The film shows the atomic propaganda of the 40's and the 50's, a time in
which the alleged necessity of the atomic bomb was hammered into public awareness, its dangers when testing
were underrated and its use and the possibility of surviving an atomic explosion were seen as realistic.
70 Pietzcker, Carl: a.a.O., p.168.
71 Comp. Hirano Kyôko: Mr. Smith goes to Tôkyô. Japanese Cinema under the American
Occupation, 1945-1952. Smithsonian Institution Press, Washington/London 1992,
p.59.
72 Comp. Midorigawa Susumu (Ed.): Sengo eiga no tenkai; Iwanami shôten, Tôkyô 1987,
p. 77.
73 Comp. Midorigawa Susumu (Ed.): a.a.O., p. 77.
74 Comp. also the film "The Bomb": a.a.O.
76 Comp. Hirano Kyôko: a.a.O., p. 61.
77 Comp. Hirano Kyôko: a.a.O., p. 61.
78 Comp. Hirano Kyôko: a.a.O., p. 61.
79 Comp. Hirano Kyôko: a.a.O., p. 62.
80 Midorigawa Susumu (Ed.): a.a.O., p. 87.
81 Comp. Hirano Kyôko: a.a.O., p.62.
82 Nolletti, Arthur, Jr. und David Desser: Reframing Japanese Cinema. Authorship, Genre,
History. Indiana University Press, Bloomington 1992, p. 66.
83 This illustration was created by the author after the list "Japanese films with the theme atomic bomb",
which is included in the appendix.
84 Pietzcker, Carl: a.a.O., p. 129.
85 Imidas: a.a.O., p. 311.
86 Cinéma 55, No 6: Le Cinéma Japonais; Federation Francaise des Cine-Clubs, Paris 1955,
p. 42 f.
87 Cinéma 55, No 6: a.a.O., p. 49.
88 Comp. Satô Tadao: Currents in Japanese Cinema; Kodansha, Tôkyô 1987, p. 197 f.
89 For the various theories about the reasons for using the atomic bomb comp. Freedman, Lawrence: a.a.O.
90 Hirano Kyôko: a.a.O., p. 64.
91 Comp. Hirano Kyôko: a.a.O., p. 64.
92 Richie, Donald: The Japanese Movie, Kodansha, Tôkyô 1982, p. 101.
93 Museumspädagogik Besucherdienst, Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer
Kulturbesitz: EIGA mens FILM. JapanFilmMuseum, Berlin 1992, p.10.
94 Yamane Keiko: Das japanische Kino; Bucher, München 1985, p. 28.
95 Anderson, Joseph L. and Richie, Donald: The Japanese Film. Art and Industry.
Princeton University Press, Princeton 1982, p. 218 f.
96 Comp. Midorigawa Susumu (Ed.): a.a.O., p. 24.
97 Comp. Freunde der Deutschen Kinemathek (Ed.): Filme aus Japan. Retrospektive des
japanischen Films, Graficpress, Berlin 1993, p.116 f.
98 Comp. Spielfilm "Godzilla" of Honda Inoshirô, 1954.
99 Comp. Gräfe, Lutz / Möller, Olaf: G and Gojira. Zum 40. Geburtstag des FilmMonsters
Gojira/Godzilla; in: film-dienst, 47. Jahrgang, Nr. 5, p.14.
100 Kempen, Bernhard and Deist, Thomas: Das Dinosaurier-Filmbuch; Tilsner, München 1993,
p. 132.
101 Id., p. 101.
102 Yamane Keiko: a.a.O., p. 35.
103 Kempen, Bernhard and Deist, Thomas: a.a.O., p. 95.
104 Desser, David: Eros plus Massacre. An Introduction to the Japanese New Wave Cinema;
Indiana University Press, Bloomington and Indianapolis 1988, p. 121.
106 Museumspädagogik Besucherdienst: a.a.O., p.21.
107 Comp. id., p. 21 f.
108 Comp. Spielfilmliste des Japanischen Kulturinstitutes, Stand April 1994.
109 König, Regula and Lewinsky, Marianne: Keisuke Kinoshita; Éditions du Festival
International du Film, Locarno 1986, p. 218.
110 This fact had to be left out of the movie which was produced in 1950. Comp.: Hirano
Kyôko: a.a.O., p.64.
111 Film list of the Japan Foundation, April 1994.
112 Comp. film list of the Japan Foundation, a.a.O.
113 Comp. also film list of the Japan Foundation, a.a.O.
114 Comp. also film list of the Japan Foundation, a.a.O., or
Museumspädagogik Besucherdienst, a.a.O., p. 23.
115 Erlinger, Hans Dieter / Reifenrath, Tanja: Der Superheld: 007 Jagt Dr. No (1962);
in: Faulstich / Korte (Ed.): Fischer Filmgeschichte, Band 4: 1961-1976,
Fischer, Frankfurt 1992, p.59.
116 The cold war ended with the cancellation of the Breshnev doctrin by Gorbatshov in the year 1986.
117 Comp. Krusche, Dieter: Reclams Filmführer; Reclam, Stuttgart 1991, p. 256.
118 Jansen, Peter W. and Schütte, Wolfram: Alain Resnais; Reihe Film 38, Hanser,
München 1990, p. 104.
119 Comp. Satô Tadao 1987: a.a.O., p. 201.
120 Comp. id., p.203.
121 Comp. Muramatsu Sadataka and Watanabe Sumiko: Gendai jôsei bungaku jiten; Tôkyôdô,
Tôkyô 1990, p. 341.
122 Comp. Schaarschmidt, Siegfried (Ed.): Nihon bungaku no kindai to gendai; Hanser,
München 1990, p. 185.
123 Comp. Yomiuri Shinbun (evening edition) of 18.01.1994.
124 Kurosawa Akira: So etwas wie eine Autobiographie; Diogenes, Zürich 1991, p. 224.
125 Id., p.69.
126 Id.
127 Comp. Tassone, Aldo: Akira Kurosawa; Flammarion, Saint-Amand 1990, p.32.
128 Achternbusch, Herbert, u.a. (Ed.): Akira Kurosawa; Hanser, München 1988, p.272.
A complete listing of all Kurosawa's films would not contribute to a better understandig of
"Rhapsody in August" (author's remark).
129 Comp. chapter 4.3.1.
130 Nolletti, Arthur, Jr. and David Desser: Reframing Japanese Cinema. Authorship,
Genre, History; Indiana University Press, Bloomington 1992, p.65 f.
131 Comp. Goodwin, James: a.a.O., p. 230.
132 Comp. Kracauer, Siegfried: Von Caligari zu Hitler; Suhrkamp, Frankfurt 1984,
p. 11 f.
133 Comp. Japan Echo,Vol.18, No.3, Toppan, Tôkyô 1991, p. 83.
134 Comp. Satô Tadao: Kurosawa Akira kaidai; Iwanami, Tôkyô 1990, p. 180 f.
135 Comp. Prince, Stephen: The Warrior"s Camera. The Cinema of Akira Kurosawa. Princeton
University Press, Princeton, New Jersey 1991, p. 159.
136 Comp. Nishimura Yûichirô: Kurosawa Akira. Oto to eizô Rippu shobô, Tôkyô 1990,
p. 141 / vgl. also Satô Tadao: Kurosawa Akira no sekai; Asahi bunkô, Tôkyô
1986, p. 234.
137 Comp. "The Art of Akira Kurosawa. Masterpieces of the Great Director". Tôhô, Tôkyô
1993, p.21.
138 Comp. Satô Tadao: Kurosawa Akira no sekai; Asahi bunkô, Tôkyô 1986, p.218.
139 Comp. Tassone, Aldo: a.a.O., p. 110.
140 Comp. Nolletti, Arthur (Jr.) and Desser, David: a.a.O., p.57f.
141 Comp. id., p. 56ff.
142 Press information of Tobis Filmkunst.
143 Id., p.58.
144 Comp. shots 305 - 313.
145 Rem is the unit for quantity of absorbed radiation in order to determine its biological harmfulness.
146 Comp. Buruma, Ian: Erbschaft der Schuld. Vergangenheitsbewältigung in
Deutschland und Japan; Hanser, München 1994.
147 A scheme of all characters in "Rhapsody in August" is included in the appendix.
148 Between 1885 and 1907 a lot of farmers from Japan emigrated to Hawaii, and still today the percentage of Japanese, who are momentarily forming the second and third generations, is large.
Comp. Ogawa Dennis M.: Kodomo no tame ni. For the
sake of the children. The Japanese American Experience in Hawaii; University of
Hawaii Press, Honolulu 1978.
149 Witte, Karsten: Familienpolitik. Akira Kurosawas Film "Rhapsodie im August", In:
Die Zeit vom 15. 11. 1991.
150 Comp. Schulz, Berndt: Richard Gere; Lübbe, Bergisch-Gladbach 1991, p. 234.
151 Comp. Winter, Rainer: a.a.O., p. 65.
152 Comp. Takeuchi Masatoshi: Kurosawa Akira shûsei III; Kinema junpô, Tôkyô 1993, p.
248.
153 Murata Kiyoko: Nabe no naka; Bungei Shunjû Tôkyô 1990, p. 9.
154 Id., p. 10.
155 Id., p.10.
156 Id., p.87.
157 Comp. Braak, Ivo: Poetik in Stichworten; Hirt, Kiel 1980, p. 223.
158 Film protocol in appendix: shot 1.
159 Murata Kiyoko: a.a.O., p. 10.
160 Witte, Karsten: a.a.O.
161 Comp. Rotermund, Hartmut O.: Magie und Mantik; in: Hammitzsch, Horst (Ed.):
Japan-Handbuch, p.1595ff.
162 Comp. Rotermund, Hartmut O.: a.a.O.
163 Id.
164 Oesterreicher-Mollwo, Marianne: Lexikon der Symbole; Herder, Freiburg 1990, p. 135.
165 Film protocol: shot 293.
166 Comp. also Ogata Toshiro: Kyojin to shônen; Bungei Shunjû, Tôkyô 1992, p. 367.
167 Comp. dtv-Atlas zur Musik, Band 1; Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1977, p.143.
168 Monaco, James: Film verstehen; Rowolt, Reinbek 1980, p. 201.
169 Part of the camera's means of expressions are: choice of frame, choice of perspective, camera movement,
direction of camera movement. Comp. Faulstich, Werner: Einführung in die Filmanalyse; Narr, Tübingen 1980, p. 58 ff.
170 This 'tension graph' was calculated by the author, based on the data collected when creating the film protocol.
171 Comp. Monaco, James: Film verstehen; Rowolt; Hamburg 1980, p. 204.
172 Comp. id., p.205.
173 Illustration: Harada Masato: Kurosawa Akira kataru; Fukutake, Tôkyô 1991, p. 3.
174 Bußmann, Hadumod: Lexikon der Sprachwissenschaft; Kröner, Stuttgart 1990, p. 758 f.
175 Comp. film protocol: shots 4 and 252.
176 Ogata Toshiro: a.a.O., p. 362.
177 Id., p.364.
178 Comp. film protocol: shots 252ff.
179 Ogata Toshiro: a.a.O., p. 367.
180 Id., p. 359 / Comp. film protocol: shot 92.
181 Murata Kiyoko: a.a.O., p. 36.
182 Comp. film protocol: shots 3, 4, 199 etc.
183 Comp. Oesterreicher-Mollwo, Marianne: a.a.O., p. 134.
184 Comp. id.
185 Comp. film protocol: shots 233 ff.
186 Ogata Toshiro: a.a.O., p. 366.
187 Comp. Oesterreicher-Mollwo, Marianne: a.a.O.; p.14.
188 Murata Kiyoko: a.a.O., p. 88f.
189 Press information of Tobis Filmkunst.
190 Comp. chapter 1.2.
191 Gast, Wolfgang: Literaturverfilmung; C.C. Buchners, Bamberg 1993, p. 15.
192 Balázs, Béla: Der Film. Werden und Wesen einer neuen Kunst; Wien 1972,
p. 284 f.
193 Räther, Helmut: Kurosawas Film-Idylle erweist sich als politischer Sprengstoff;
in: Frankfurter Rundschau , 16. 03. 1991.
194 Schmitt, Uwe: Japans späte Gnade. Ist Akira Kurosawas neuer Film revanchistisch?;
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 08.04.1991.
195 Schmitt, Uwe: a.a.O.
196 Id.
197 Der Spiegel , 15. 04. 1991.
198 Chervel, Thierry: Die Kinder singen Röslein auf der Heiden. Kurosawas "Rhapsodie
im August"; in: die tageszeitung , 13. 05. 1991.
199 Id.
200 Oßwald, Dieter: Nicht die Völker bekriegen sich. Gespräch mit Akira Kurosawa zu
seinem neuen Film "Rhapsodie im August"; in: Münchener Merkur , 13. 11. 1991.
201 Pflaum, H.G.: Das Auge der Bombe. Akira Kurosawas neuer Film "Rhapsodie im August"
beschwört das Trauma von Nagasaki; in: Süddeutsche Zeitung, 14. 11. 1991.
202 Körte, Peter: Im Sog der Erinnerung. Kurosawas großer stiller Film "Rhapsodie im
August"; in: Frankfurter Rundschau , 14. 11. 1991.
203 Witte, Karsten: a.a.O.
204 Márquez, Gabriel García: Wir sind ja nicht Gott. Ein Gespräch zwischen
Gabriel Garcia Márquez and Akira Kurosawa anläßlich von "Rhapsodie im August", dem neuesten Film des
japanischen Altmeisters; in: die tageszeitung, 15. 11. 1991.
205 Rust, Roland: Rhapsodie im August; in: film-dienst , Nr.22, 1991.
206 Nihon kindai bungaku daijiten, Kodansha, Tôkyô 1984, p. 163.
207 Ôkubo Norio and Yoshida Hiroshi (Ed.): Shinpan gendai sakka jiten, Tôkyôdô,
Tôkyô 1982, p. 65.
208 Kôno Toshirô: Tsuitô Ibuse Masuji; in:Yomiuri-Shinbun (Abendausgabe), 12.07.1993.
209 Comp. Bock, Audie: Japanese Film Directors, Kodansha, Tôkyô 1978, p. 287 ff.
210 In the film, as in the novel, people speak of "radiation illness". Such an illness
had not been researched yet, and the people contributed their symptoms to the atomic bomb explosion.
211 Comp. in sequence protocol: 3rd sequence, 8th subsequence.
212 Comp. id.: 8th sequence, 30th subsequence.
213 Comp. id.: 15th sequence, 43th subsequence.
214 Ibuse Masuji: Kuroi ame; Shinchôsha, Tôkyô 1970, p. 14.
215 Ibuse Masuji, a.a.O.: p. 26.
216 Ibuse Masuji, a.a.O., p. 31.
217 Id., p. 45.
218 Id., p. 53.
219 Id., p. 320.
220 Ibuse Masuji: a.a.O., p. 5.
221 Comp.: Schaarschmidt, Siegfried: Nachwort; in: Schwarzer Regen , dt. Übersetzung,
Fischer, Frankfurt 1985, p. 369.
222 Hickethier, Knut: Film- und Fernsehanalyse; Metzler, Weimar 1993, p. 126.
223 Hickethier, Knut: a.a.O., p. 100.
224 Esslin, Martin: Die Zeichen des Dramas. Theater, Film Fernsehen; Rowolt, Reinbek
1989, p. 44.
225 Everschor, Franz: Schindlers Liste; in: film-dienst, Nr. 4, 1994, p. 21.
226 Ôe Kenzaburo: Hiroshima Notes, p.181.
227 Schaarschmidt, Siegfried: Nachwort; a.a.O., p.368.
228 Comp.: Ibuse Masuji: Schwarzer Regen; Fischer, Frankfurt 1985, p. 2.
229 Here we would like to point to a 15 volume compendium of Japanese atomic bomb literature entitled:
Nihon no genbaku bungaku, Tôkyô 1983.
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